Blutdruck – Messung, Höhen und Tiefen einfach erklärt

Man hört oft davon, dass Menschen unter zu hohem oder zu niedrigem Blutdruck leiden. Aber was bedeutet das eigentlich genau? Wann ist unser Blutdruck normal? Was kann man gegen Bluthochdruck machen?  Und was bedeuten eigentlich die Begriffe „diastolisch“ und „systolisch“? In dieser Folge spricht Mario D. Richardt mit Prof. Dr. Tom Lindner über all diese Fragen. Hören Sie rein.

Experte: Prof. Dr. Tom Lindner, Hypertensiologe und Nephrologe

Prof. Dr. Tom Lindner

Hypertensiologe und Nephrologe

Prof. Dr. Lindner beschäftigte sich mit vielen medizinischen Themen im Laufe seines Lebens. Dazu gehören u. a. die Humanmedizin, molekulare Genetik, Diabetes, Nephrologie und Innere Medizin. Heute ist er Leiter des Bereichs Nephrologie an der Uni-Klinik Leipzig. Lesen Sie hier den gesamten Lebenslauf von Prof. Dr. Tom Lindner.

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Transkript der Folge Blutdruck – Messung, Höhen und Tiefen einfach erklärt

Bei „kernig & gesund“ geht es heute um Blutdruck. Oft wird er kontrolliert, doch was steckt eigentlich dahinter? Was genau ist Blutdruck?

Ab wann ist er zu hoch und ab wann ist er zu niedrig? Und was bedeuten eigentlich die Begriffe systolisch und diastolisch? In 20 Minuten sind Sie schlauer.

„kernig & gesund“, der Gesundheits-Podcast präsentiert von apodiscounter.de

Mario D. Richardt: Einen wunderschönen Tag zu einer brandneuen Ausgabe „kernig & gesund“! Mein Name ist Mario D. Richardt und in jeder Folge spreche ich mit Experten über ein Gesundheitsthema.

Auch heute habe ich das Glück, wieder eine echte Koryphäe bei mir am Mikrofon zu haben. Er ist Internist, Nephrologe, Diabetologe und Hypertensiologe. Außerdem ist er der Leiter des Bereichs Nephrologie an der Uniklinik in Leipzig. Guten Tag Prof. Dr. Tom Lindner!

Tom Lindner: Guten Morgen!

Mario D. Richardt: Ich habe es ja gerade gesagt, Sie sind auch Hypertensiologe.

Das habe ich vorher ehrlich gesagt noch nie in meinem Leben gehört. Aber es hat im Prinzip genau mit dem zu tun, worum es heute in dieser Folge geht. Was macht ein Hypertensiologe, Prof. Lindner?

Tom Lindner: Ein Hypertensiologe, die Frage ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Denn eigentlich muss jeder Arzt in irgendeiner Form den Bluthochdruck behandeln können.

Aber der Hypertensiologe ist, wenn Sie so wollen, jemand, der zertifiziert ist für die Blutdruckbehandlung, für spezielle Fälle.

Was ist der Blutdruck und wie entsteht er?

Mario D. Richardt: Wie entsteht denn eigentlich der Blutdruck? Was passiert da im Körper?

Tom Lindner: Es gibt einen Blutkreislauf und in diesem Blutkreislauf muss das Blut bewegt werden. Das Blut hat die Sauerstoffträger und bringt den Sauerstoff für die Versorgung der ganzen Gewebe. Und damit das Blut in Bewegung bleibt, brauchen Sie Druck. Und den Druck übt das Herz aus.

Mario D. Richardt: Das Herz ist quasi das Kraftwerk des Blutkreislaufs?

Tom Lindner: Das Kraftwerk, das ist völlig richtig. Es wirkt wie eine Drucksaugpumpe. Es saugt das Blut aus dem Kreislauf an und bringt es wieder in die Arterien im Kreislauf zurück.

Wie misst man den Blutdruck richtig?

Mario D. Richardt: Wie misst man denn Blutdruck richtig? Also beim Arzt, logisch, da kümmert sich ja meistens eine Schwester drum, aber wenn man jetzt selbst ein Gerät hat, wie legt man das korrekt an?

Tom Lindner: Im Grunde genommen kann man nur Blutdruckmessgeräte verwenden, die eine Oberarmmanschette benutzen. Man sollte tunlichst nicht Geräte verwenden, die an dem Handgelenk ansetzen.

Und was jetzt die Oberarmmanschetten-Blutdruckmessgeräte betrifft, da gibt es auch eine Liste von sogenannten zertifizierten Blutdruckmessgeräten, die man auf der Internetseite der Deutschen Hochdruckliga finden kann.

Mario D. Richardt: Wenn man das dann anlegt, also ich muss sagen, ich habe zu Hause auch so ein Gerät, ich weiß manchmal nicht so wirklich:

Muss der Schlauch vorne rausgucken, muss er hinten rausgucken, muss der Schlauch mit eingebettet werden in diese Manschette? Gibt’s da einen Trick?

Tom Lindner: Es gibt verschiedene Geräte. Die modernsten Geräte haben diese Schlauchsysteme gar nicht mehr. Da ist die Messapparatur mit der Manschette vereinigt, wenn man so will. Aber wenn man den Schlauch noch hat, dann muss er am besten an der Innenseite des Ellenbogens rausgucken.

Es gibt auch eine Markierung, die Ihnen sagt, wo die Arterie lang verläuft. Wenn man natürlich ein Laie ist, wird man nicht gleich wissen, wo man die ertasten kann, den Puls am Handgelenk fast jeder, am Ellenbogen eben nicht. Aber an der Innenseite nach vorne raus.

Mario D. Richardt: Sollte man denn in Ihren Augen privat ein Blutdruckmessgerät zuhause haben?

Tom Lindner: Auf jeden Fall, ja! Ich denke schon, dass man das haben sollte. Denn Blutdruckprobleme, Hypertonie ist ein Problem der ganzen Gesellschaft. Wenn Sie sich vorstellen, dass etwa fast die Hälfte der deutschen Bevölkerung Bluthochdruck hat und ein großer Teil das gar nicht weiß.

Mario D. Richardt: Wie oft sollte man denn den Blutdruck messen? Was ist in Ihren Augen sinnvoll?

Tom Lindner: Wie oft sollte man den Blutdruck messen? Jemand, der keinen bekannten Bluthochdruck hat, der sollte sich gelegentlich vielleicht mal den Blutdruck messen. Jemand, der einen Bluthochdruck hat, wenigstens ein bis dreimal am Tag, früh, mittags und abends, Standardmessung.

Was bedeuten die beiden Werte des Blutdruckmessgeräts und wie hoch sollten diese sein?

Mario D. Richardt: Da geht man zum Arzt oder misst das selbst und liest dann solche Werte ab wie 120 zu 90 oder 130 zu 80. Was bedeuten diese Werte?

Tom Lindner: 120 Millimeter Quecksilbersäule, 90 Millimeter Quecksilbersäule, zwei verschiedene Werte, die heißen Systole und Diastole. Was meint man damit? Die Systole ist letzten Endes der Maximaldruck, der während der Herzaktion auf das Gefäß ausgeübt wird.

Müssen Sie sich vorstellen, es wird ein Volumen vom Herz in den Kreislauf gepresst und das erzeugt einen Druck, und das ist der systolische Druck. Nun funktioniert das Herz ja wie eine Pumpe mit Ventilen.

Wenn das Herz einen Schlag vollzogen hat, sozusagen in Ruhe ist, dann schließt dieses Ventil und der übriggebliebene Druck, wenn man so will, ist der diastolische Druck. Also letzten Endes charakterisiert das die Schwankungen nach oben und nach unten.

Mario D. Richardt: Also der erste Wert ist systolisch, der zweite Wert ist diastolisch.

Tom Lindner: Richtig, korrekt!

Mario D. Richardt: Welche Werte sind perfekt?

Tom Lindner: Perfekt wären Werte unter 120 zu 80 Millimeter Quecksilbersäule.

Mario D. Richardt: Ab wann geht’s dann los mit Bluthochdruck?

Tom Lindner: Dann gibt’s einen Graubereich: Über 120 bis 130 spricht man noch von einem normalen Blutdruck, zwischen 130 und 140 von einem hochnormalen Blutdruck, und ab 140 erst von Hypertonie Grad 1.

Mario D. Richardt: Aber das kann im Prinzip auch schwanken. Wenn man jetzt Sport macht oder ängstlich ist oder aufgeregt, hat man natürlich einen höheren Blutdruck. Das sollte man dann nicht in die Wertung mit reinnehmen?

Tom Lindner: Sie sprechen an, wie man den Blutdruck standardisieren muss in der Messung. Während des Sports einen Blutdruck zu messen, wird nicht viel bringen, weil man dort keine Standardisierung hat.

Jeder belastet sich in irgendeiner Form anders. Das heißt, man muss ihn in Ruhe messen. Und bevor man die Messung durchführt, auch wenigstens fünf Minuten sitzen, das wäre der Standard.

Mario D. Richardt: Und man sollte wahrscheinlich, das habe ich zumindest schon mal gehört, nicht die Beine übereinanderschlagen, weil man dadurch vielleicht auch den Druck ein bisschen verändert?

Tom Lindner: Das wird nicht allzu viel ausmachen, die Beine übereinanderzuschlagen. Wichtig ist, dass man relativ entspannt sitzt, sich wirklich versucht zu entspannen, dass man den Arm einfach nach unten hängen lässt, an dem man den Blutdruck messen möchte. und dass man dann nach fünf Minuten aufs Knöpfchen drückt.

Wie ändert sich der Blutdruck im Alter?

Mario D. Richardt: Ändert sich denn der perfekte Blutdruck im Laufe des Alters?

Tom Lindner: Der perfekte Blutdruck ändert sich, wenn man so will, bei Älteren gelten andere Blutdruckwerte als normal.

Da wird durchaus auch unter 160 und 140, wenn es toleriert wird, angestrebt, aber mit steigendem Alter steigt auch der Druck.

Im Grunde genommen der systolische Druck steigt sowieso, der diastolische Druck tendiert eher dazu, sogar ein bisschen nachzulassen.

Mario D. Richardt: Jetzt gibt’s dieses sogenannte – das habe ich im Internet gefunden – Weißkittel-Syndrom. Das heißt, Menschen kommen zum Arzt, sind deshalb aber sehr aufgeregt, was den Blutdruck natürlich automatisch nach oben steigen lässt. Woher weiß man denn dann, ob man trotzdem einen zu hohen Blutdruck hat oder ob der okay ist?

Tom Lindner: Der typische Fall ist: Man geht zum Arzt, es wird Blutdruck gemessen und dann stellt man fest, 140, 150 Millimeter Hg systolisch und vielleicht 90, 95 diastolisch. Das wäre so der klassische Fall. Naja, man hat verschiedene Wege hier ranzugehen.

Definitiv braucht man eine Wiederholungsmessung im Abstand von einer Minute und dann vielleicht sogar nochmal eine dritte Messung, also die zweite Wiederholungsmessung nach noch einer Minute. Und typischerweise würde ein Weißkittel-Hypertoniker so reagieren, dass der zweite und der dritte Wert auch wesentlich niedriger liegen würde.

Wenn man das dokumentiert im Sinne einer Blutdruckdokumentation über Tage und Wochen, dann nimmt man auch nicht den ersten Wert, sondern den zweiten oder den dritten Wert. Wenn man mit diesen beiden Werten irgendwo über 130 liegt, dann muss man natürlich andere Diagnostika einleiten, weil es tatsächlich sein kann, dass sich hier ein Weißkittel-Hypertoniker befindet, der eben nicht mehr diese Weißkittel-Hypertonie hat, sondern eine echte Hypertonie.

Was sind die Ursachen und Gefahren des Bluthochdrucks?

Mario D. Richardt: Und Sie haben es schon angedeutet, die Hälfte der Menschen hat Bluthochdruck. Wie gefährlich ist das denn, wenn man Bluthochdruck hat?

Tom Lindner: Stellen Sie sich ganz einfach vor, wenn Sie ein Gefäßsystem haben, wo zu viel Druck drauf ist, das platzt in irgendeiner Form. Wenn man jung ist, wird man große Blutdruckschwankungen noch ganz gut vertragen, weil die Gefäße sehr flexibel sind. Das lässt mit dem Alter nach.

Wenn man dann in versteifte Gefäße schon höhere Blutdrücke hineinbringt, dann ist die Gefahr, dass sowas platzt, natürlich noch viel größer. Diese Dinge vollziehen sich in der Regel erst in den kleinsten Strombahngebieten in den Kapillaren, in den Arteriolen.

Also die wirklichen Endstromgebiete, wo nur ganz, ganz dünne Gefäßchen sind. Das merkt man nicht unbedingt klinisch, aber wenn das sich dann auf größere Gefäße ausbreitet wie zum Beispiel im Hirn, dann gibt es Schlaganfälle und andere schwere Komplikationen.

Mario D. Richardt: Was sind die Ursachen für Bluthochdruck? Kann das jeden treffen oder sind das wirklich so, sag ich jetzt mal, die Raucher oder die Menschen, die sich nicht bewegen?

Tom Lindner: Es gibt Risikofaktoren für den Bluthochdruck. Und deswegen ist auch die Therapie, diese Risikofaktoren zuerst einzudämmen.

Also Gewicht ist ein ganz, ganz entscheidender Faktor, je höher das Gewicht, umso höher der Druck. Das kann man sich auch relativ leicht vorstellen: Wenn Sie eine größere Körpermasse zu versorgen haben, dann brauchen Sie auch entsprechend höheren Bums, und dann steigt der Blutdruck. Wenn man also abnimmt, kann man den Blutdruck sehr gut selbst wieder senken.

Es gibt auch andere Möglichkeiten, da einzugreifen, und die medikamentöse Therapie sollte immer erst das zweite Standbein sein, nachdem man den Lebensstil verbessert hat. Sport macht den Blutdruck besser, das erscheint vielleicht am Anfang ein bisschen widersprüchlich, denn im Sport steigt ja der Blutdruck, aber man schwitzt, man bringt Salze hinaus, man trainiert sich und nach dem Sport wird in aller Regel der Blutdruck aber wieder abfallen.

Und das Niveau können Sie dann über viel Sport über eine entsprechende Blutdrucksenkung erreichen.

Mario D. Richardt: Wenn wir jetzt mal so einen Standard nehmen, als Beispiel, ein Mensch hat einen BMI von 30, also 30 ist ja schon adipös, dann eben leichtes Übergewicht bis mittelschweres Übergewicht, und der würde jetzt ein halbes Jahr lang Sport machen, dann kann er seinen Blutdruck wirklich schon exorbitant senken?

Tom Lindner: Das kann er, das sollte auch mit einer Gewichtsreduktion verbunden sein.

Aber selbst, wenn die Gewichtsreduktion nicht kommen sollte bei einem BMI von 30, dann wird er allein durch den Trainingseffekt schon in einen niedrigeren Blutdruck kommen. Aber um da auf Dauer was zu bewegen, sollte man natürlich das Gewicht senken.

Mario D. Richardt: Wie macht sich denn ein zu hoher Blutdruck bemerkbar? Viele Menschen merken das ja überhaupt nicht.

Tom Lindner: Das Problem ist, dass er sich eben nicht bemerkbar macht. Die meisten glauben, dass man Kopfschmerzen bekommen muss bei Bluthochdruck. Das ist bei den meisten aber nicht der Fall.

Es gibt natürlich Patienten, die definitiv Kopfschmerzen haben, sich unruhig fühlen, aufgeregt, nervös sind, aber wenn man das hört, dann weiß man auch, das können auch Symptome für viele andere Dinge sein, da kann Stress dahinterstecken und, und, und.

Das richtige spezifische Blutdrucksymptom gibt es nicht, was eben genau die Gefährlichkeit dieser Erkrankung ausmacht.

Mario D. Richardt: Was ist mit dem roten Gesicht? Es gibt ja Menschen, die haben auch schnell mal dann so unter den Augen so an den Wangen und so rote Flecken.

Tom Lindner: Ja, ich tendiere auch dazu, mir die äußeren Dinge anzuschauen, muss jeder Arzt auch tun können.

Ja, rotes Gesicht, da können viele Dinge dahinterstecken. Natürlich, ein Bluthochdruck, häufig rotes Gesicht. Aber Diabetiker zum Beispiel auch häufig rotes Gesicht. Dann natürlich Alkohol, rotes Gesicht. Sie können auch Autoimmunkrankheiten haben, rotes Gesicht.

Natürlich kann man schon abschätzen, häufige Dinge sind häufig, Seltene sind selten, also Diabetes und Bluthochdruck kommt einen dann schon im Sinn.

Wie lässt sich der Blutdruck senken?

Mario D. Richardt: Was kann man denn machen, um den Blutdruck zu senken? Sport haben wir schon angesprochen, das ist eine Art und Weise. Was kann man noch machen?

Tom Lindner: Zunächst geht es erstmal darum zu sehen, wie hoch ist der Blutdruck überhaupt bei demjenigen? Ist er nur leicht erhöht, bewegen wir uns im hochnormalen Bereich oder vielleicht gerade so um die 140, 150, dann kann man anfangen mit nichtmedikamentösen Maßnahmen seinen Blutdruck zu beeinflussen.

Das ist Ernährungsumstellung, das ist vor allen Dingen sportliche Betätigung und Gewichtsreduktion. Wenn wir mit höheren Blutdrücken zu tun haben über 150, dann müsste man natürlich medikamentös auf jeden Fall eingreifen.

Genauer gesagt ist es natürlich schon so, dass ab 140 die diagnostische Schwelle liegt und darüber hinaus muss man Patienten behandeln. Aber wenn man jetzt bei 140, 150 innerhalb eines halben Jahres keine Verbesserung durch Lebensstil hinbekommt, dann muss es definitiv medikamentös passieren.

Mario D. Richardt: Also bei 130 muss man noch nicht unbedingt was machen?

Tom Lindner: Nein, muss man nicht. Aber man muss wissen, dass man mit 130, 135 bereits im hochnormalen Bereich ist. Das ist bei dem Bluthochdruck so wie mit vielen anderen Krankheiten auch, zum Beispiel dem chronischen Nierenversagen.

Sie haben so einen Graubereich, in dem sich viele Menschen bewegen, in dem das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme nur so ein bisschen erhöht ist, noch nicht so richtig entscheidend, und erst ab einem Punkt wie 140 und höher setzt das echte Risiko ein. Dasselbe haben Sie bei Nierenversagen, beim chronischen, da gibt es auch einen Bereich, der liegt bei der Filtrationsrate zwischen 60 und 90, wo man nur mit bestimmten Zusatzbedingungen eigentlich nierenkrank ist.

Sie sehen, das sind alles sehr, sehr heterogene Krankheiten, die oft in ihren Grenzen verschwimmen.

Mario D. Richardt: Mit welchen Medikamenten können Sie den Blutdruck senken?

Tom Lindner: Da gibt es relativ klar Vorgaben seitens der Deutschen Hypertonie-Liga, letzten Endes basierend auf den europäischen Empfehlungen: Auf jeden Fall ein Kombinationspräparat.

Man sollte, wenn möglich, schon mit einer Zweierkombination anfangen aus einem Kalzium-Antagonisten und einem ACE-Hemmer oder einem Angiotensin-Blocker. Das wäre die initiale Therapie.

Mario D. Richardt: Und ist man immer auf diese Medikamente angewiesen oder können die auch wieder abgesetzt werden, wenn es sich bessert?

Tom Lindner: Wenn es sich bessert, können die Medikamente natürlich zurückgezogen werden. Es gibt auch durchaus seltene Fälle, wo man mit anderen Medikamenten tatsächlich mit Monotherapien herangehen kann.

Das sind so leichtere Fälle, muss man sehen, ob das funktioniert. Aber in aller Regel wird die Kombinationstherapie empfohlen.

Mario D. Richardt: Haben Sie den Eindruck, dass Bluthochdruck von vielen Menschen auf die leichte Schulter genommen wird?

Tom Lindner: Man nimmt es automatisch auf die leichte Schulter, wenn es keine Schmerzen und keine Probleme macht.

Mario D. Richardt: Keine Symptome da, warum sollte man was machen?

Tom Lindner: Genau! Es ist ja auch so, wenn man sich die Statistiken international anschaut, was jetzt Blutdruckdiagnostik, Therapie und auch Erreichung des Therapieziels betrifft, so nimmt Deutschland einen Spitzenplatz ein.

Man muss sich aber trotzdem vor Augen halten, wie ist denn die Qualität eigentlich? Es ist so, dass 80 % der Menschen in etwa von ihrem Bluthochdruck wissen, dass auch in etwa 80 % der Menschen unter Blutdrucktherapie stehen, aber dass nur etwa 50 % der Menschen das Therapieziel überhaupt erreichen.

Mario D. Richardt: Was passiert denn, wenn man nichts macht gegen den hohen Blutdruck?

Tom Lindner: Dann kommt es zu sogenannten Endorganschäden. Das heißt, sie stellen sich an der Herzmaschine ein, wenn man so will, an der Pumpe, Herzinfarkte können folgen aufgrund von Überbeanspruchung der Gefäße, von Verkalkung der Gefäße, die auf Verletzungen zurückgehen und so weiter und so fort. Aber auch in den kleinen Stromgebieten an den Augen und an den Nieren würden sich Schäden entwickeln, man redet dann von Endorganschäden.

Mario D. Richardt: Und das ist im Prinzip ein schleichender Prozess. Wenn man das jetzt mal betrachtet, es fängt an mit dem Bluthochdruck, wie viele Jahre braucht es dann, dass man wirklich merkt, am Organ gibt es Schäden?

Tom Lindner: Das ist eben eine schwer zu beantwortende Frage. Wenn Sie sich vorstellen, jemand hat einen extrem hohen Blutdruck, dann werden die Schäden einfach viel früher kommen. Wenn wir uns den Querschnitt betrachten, naja, typischerweise zwischen 50 und 60, aber im Einzelfall auch viel, viel früher.

Mario D. Richardt: Dann betrachten wir jetzt mal den niedrigen Blutdruck, also die sogenannte Hypotonie, Bluthochdruck ist ja Hypertonie. Ist denn auch zu niedriger Blutdruck gefährlich?

Tom Lindner: Ich würde mal so sagen, solange jemand auf zwei Beinen stehen kann und sich fortbewegen kann und nicht ständig sich hinlegen muss, ist er nicht gefährlich. Aber er kann natürlich schon das eine ums andere Mal Schwierigkeiten machen, weil es zu Schwindelerscheinungen kommen kann. Aber in der Regel: nein, eigentlich nicht gefährlich.

Wann ist der Blutdruck zu niedrig?

Mario D. Richardt: Ab wann ist denn Blutdruck zu niedrig?

Tom Lindner: Naja, in allererster Linie, wenn er null ist. Aber Scherz beiseite, man kann das auch hier ganz gut bestimmen. Es geht letzten Endes darum, dass man eine Organdurchblutung gewährleisten muss mit dem Blutdruck. Und ich hatte ja vorhin schon gesagt, der mittlere Druck schwankt sozusagen um die Systole, den Maximaldruck nach oben, und die Diastole, den Maximaldruck nach unten.

Und man muss in etwa mit dem mittleren arteriellen Druck so um die 90 Millimeter Hg liegen, damit man eine kontinuierliche Organdurchblutung gewährleisten kann. Natürlich ist es bei dem einen oder anderen durchaus auch mal unterschiedlich, es kann auch niedriger sein.

Gewöhnlich ist es bei Älteren eher höher, weil dort die Gefäßverkalkung schon eingesetzt hat, weil die Gefäßstrombahn, wenn man so will, im Querschnitt schon verringert ist, dann braucht man in aller Regel eben, wie ich es vorhin schon mal gesagt hatte, mehr Bums, um dieselbe Durchblutung zu erreichen.

Mario D. Richardt: Bei Bluthochdruck hilft Sport, da hilft abnehmen, da helfen manchmal auch Medikamente. Wie ist das mit dem Niedrigblutdruck, was kann man dagegen machen?

Tom Lindner: Dagegen sollte man nicht unbedingt was tun wollen. Man könnte natürlich in dieser Form auch Sport treiben, weil letzten Endes das Wohlbefinden auch dort sich bessern wird. Das mag zumindest am Anfang wieder widersprüchlich erscheinen, denn am Ende haben wir ja gesagt, wenn wir den Sport treiben, dann würde auch der Blutdruck eher nach unten gehen. Aber es ist tatsächlich so, dass bei Hypotonikern das Gegenteil damit erreicht werden kann.

Die würden dann nicht plötzlich zu Bluthochdruckpatienten werden, aber die könnten ihren Blutdruck auf die lange Sicht dann doch mehr steigern. Also Training ist auch hier eine ganz gute Sache. Solche Dinge wie Koffein einnehmen, viel Kaffee trinken, das kann man natürlich machen, aber das sind alles keine Dinge, die lange anhalten.

Im Extremfall könnte man auch noch Tropfen geben, die Gefäße verengen würden, um den Blutdruck anzuheben. Aber das hat wieder andere Nebenwirkungen, sodass man in aller Regel bei Hypotonie, bei zu niedrigem Druck, nichts machen würde.

Mario D. Richardt: Ich danke Ihnen vielmals, Prof. Lindner!

Tom Lindner: Bitte schön!

Mario D. Richardt: Und Ihnen vielen Dank fürs Zuhören! Die nächste Folge „kernig & gesund“ gibt es schon am nächsten Mittwoch. Dann geht es um den Hautarzt für die Hosentasche.

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