In dieser Folge lernen Sie:

  • Welche Aufgaben die Schilddrüse übernimmt.
  • Was eine Über- bzw. Unterfunktion bedeutet.
  • Warum die Schilddrüse direkt nach der Geburt kontrolliert werden sollte.

Dr. med. Tobias Wiesner

Diabetologe, Facharzt für Innere Medizin

Dr. Med. Tobias Wiesner studierte nach seinem Abitur Medizin und erhielt im Jahr 2000 seine Approbation zum Arzt. Drei Jahre später erfolgte die Promotion an der Universität Leipzig. Dort arbeitete er zudem als Teamleiter des Diabeteszentrums, nachdem er sich auf Diabetologie spezialisierte.

Im Jahr 2008 wechselte er zum MVZ Stoffwechselmedizin, wo er als Internist mit Schwerpunkt Diabetologie arbeitet.

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Transkript der Folge Schilddrüse – Kleines Organ, große Leistung

Etwa ein Drittel der Deutschen hat Probleme mit der Schilddrüse. Viele davon, ohne es zu wissen. Die schmetterlingsförmige Drüse im Hals ist heute das Thema bei kernig & gesund, denn sie erfüllt zahlreiche, wichtige Aufgaben im Körper. Welche das sind und was es mit der berühmten Über- und Unterfunktion der Schilddrüse auf sich hat, hören Sie jetzt.

„kernig & gesund“, der Gesundheits-Podcast präsentiert von apodiscounter.de

Mario D. Richardt: Kernig & gesund, der Gesundheitspodcast, präsentiert von apodiscounter.de. Einen schönen guten Tag zu einer brandneuen Folge kernig & gesund, mein Name ist Mario D. Richardt und ich behandele jede Woche mit Fachärzten ein Gesundheitsthema. Ja und heute ist es die Schilddrüse. Ich glaube, viele Menschen haben eine Menge über die Schilddrüse gehört, können aber kaum sagen, wo sie eigentlich genau sitzt. Anfangs habe ich zwar schon gesagt, im Hals, aber wo genau, das verrät uns nun der Endokrinologe Dr. Tobias Wiesner aus Leipzig. Schönen guten Tag, Dr. Wiesner.

Dr. Tobias Wiesner: Ich grüße Sie, hallo.

Mario D. Richardt: Ja, Dr. Wiesner, wenn man jetzt also vor dem Spiegel steht, wo könnte man jetzt also genau die ominöse Schilddrüse verorten?

Dr. Tobias Wiesner: Also die Schilddrüse liegt direkt unter dem Kehlkopf und weil Sie die Frage so formuliert haben, wenn ich Patienten neu in der Praxis habe und zu ihnen sage: „Wir machen jetzt mal ein Ultraschall von der Schilddrüse, gehen  Sie schon mal ins Ultraschallzimmer, ich komme gleich nach“, bin ich manchmal doch verwundert, was Patienten alles freilegen, in der Hoffnung, dass ich da die Schilddrüse finde. Nein, den Bauch muss ich tatsächlich nicht schallen, ich muss nur an den Hals.

Mario D. Richardt: Ja, es ist wirklich verrückt. Man weiß es einfach jetzt als Laie überhaupt nicht, es sei denn man ist dann wirklich davon betroffen.

Dr. Tobias Wiesner: Ja.

Mario D. Richardt: Kann man die Schilddrüse dann irgendwie sehen, wenn man jetzt irgendwie den Hals spannt oder ist die sehr verborgen?

Dr. Tobias Wiesner: Wenn Sie diese Schilddrüse sehen beim an den Hals schauen, dann ist sie zu groß. Das ist schon ein Kriterium. Das habe ich tatsächlich als Student auch lernen dürfen, die Größe der Schilddrüse und ob man sie bei gesenkten Kinn, bei zurückgelegten Kinn sieht, das waren tatsächlich Kriterien noch vor der Ära des Ultraschalls und wie gesagt, wenn Sie eine Schilddrüse beim drauf schauen sehen, ist sie schon zu groß. Also eigentlich ist die Schilddrüse sehr, sehr klein. Bei Frauen bis 18 Milliliter, das ist klein, also immer die Daumenendglieder angucken, einmal links, einmal rechts, das ist die Größe der Schilddrüse, bei Männern darf es bis 25 Milliliter sein, alles, was größer ist, wird dann als Vergrößerung der Schilddrüse als Struma bezeichnet.

Mario D. Richardt: Das ist aber jetzt wirklich kleiner als ich dachte. Wenn ich jetzt auf meinen Daumen gucke, also ich hätte jetzt schon gedacht, die ist na ja, so groß wie zwei, drei Finger oder so.

Dr. Tobias Wiesner: Es ist ein kleines Organ, aber ein ganz wichtiges Organ.

Mario D. Richardt: Welche Aufgabe hat sie denn, die Schilddrüse? Warum ist die so wichtig?

Welche Aufgabe hat die Schilddrüse?

Dr. Tobias Wiesner: Also die Schilddrüse ist tatsächlich für ganz, ganz, ganz, ganz viele Prozesse im Körper zuständig, ist ja so, dass die Schilddrüse Hormone produziert, das Schilddrüsenhormon, das Tyrosin und da gibt es das freie Hormon T3, das ist das aktive und das freie Hormon T4, das ist das Hormon, welches als sogenanntes Speicherhormon bezeichnet wird und die Schilddrüse beeinflusst vieles. Es beeinflusst den Stoffwechsel generell, also den Energiestoffwechsel, es beeinflusst den Kreislauf, also auch den Blutdruck, es hat Wachstumseinfluss und das hat natürlich auch einen Einfluss auf unsere Psyche, auf unser Wohlbefinden.

Mario D. Richardt: Also fast auch ein bisschen unterschätzt, ne? Wenn der Einfluss so groß ist?

Dr. Tobias Wiesner: Also es ist tatsächlich so, dass die Bedeutung der Schilddrüse über die vielen Jahre natürlich immer mehr bekannt geworden ist. Wichtig ist uns zu sagen, dass von Anfang an, vom aller, aller, allerersten Lebenstag eine adäquate Schilddrüsenfunktion wichtig ist, damit wir kluge, großgewachsene Menschen werden. Es ist tatsächlich so, dass bei der Fersenblutuntersuchung beim Kleinkind auch darauf ausgelegt ist, eine Schilddrüsenunterfunktion zu finden. Ich erinnere mich noch an den Satz meines pädiatrischen Professors, als ich noch studiert habe. Der sagte, wenn man den ersten Tag die Unterfunktion der Schilddrüse nicht detektiert, kann das Kind kein Abitur mehr machen. Also so wichtig ist die Schilddrüse für Reifung des Gehirns, für das Wachstums des Kindes, also insofern, die Schilddrüsen hat ganz wichtige Aufgaben.

Mario D. Richardt: Und Sie haben vorhin angesprochen, die Hormone T3, T4 werden da produziert und irgendwo habe ich mal gelesen, die erhöhen den Grundumsatz. Heißt also, wenn ich jetzt versuche abzunehmen, aber doch nicht abnehme, kann das sein, dass mein Grundumsatz zu gering ist und dass ich einfach zu wenig von diesem Hormon dann habe?

Dr. Tobias Wiesner: Also es gibt viele, viele Gründe, warum der Grundumsatz zu niedrig ist und Sie gestatten mir augenzwinkernd zu sagen, die meisten haben einen, nicht einen zu geringen Grundumsatz, sondern einen zu hohen Ernährungszufuhr, also Kalorienzufuhr, was zu einer Gewichtszunahme führt, aber es gibt tatsächlich die Situation, dass wenn die Schilddrüse in der Unterfunktion ist, der Grundumsatz sinkt und deswegen bei normaler Ernährung man dann an Gewicht zunimmt.

Das ist in der Tat richtig. Deswegen ist es wichtig, diese Schilddrüsenhormonsituation zu kontrollieren. Was wir bisher noch nicht gesagt haben, wir haben zwar über die Hormone T3 und T4 gesprochen, aber da die Schilddrüse einem Regelkreis unterworfen ist und dieser Regelkreis von der Hypophyse aus gesteuert wird, ist ein ganz, ganz wichtiges Steuerhormon für die Schilddrüse, der sogenannte TSH-Wert, das Thyreoidea-stimulierende Hormon, also das ist ein Hormon, was aus der Hypophyse freigesetzt wird, welches mir Auskunft darüber gibt, wie gut oder wie schlecht die Schilddrüse funktioniert.

Das ist ein sogenannter negativer Rückkopplungsmechanismus, das heißt ein niedriger TSH-Wert heißt, das hohe FT3-, FT4-Werte vorliegen und ein hoher TSH-Wert heißt, das zu eine niedrigem FT3-, FT4-Werte vorliegen, das heißt hoher TSH-Wert ist eine Unterfunktion, niedriger TSH-Wert ist eine Überfunktion und das ist auch das, was ich im Labor messe.

Ich messe das  FT3, FT4 eher seltener, was damit zu tun hat, dass diese Hormone tageszeitlich, auch zyklisch ausgeschüttet werden und ich eigentlich einen Patienten eigentlich am Tag sehr häufig zur Ader lassen müsste, um zu wissen, wie viel  FT3, FT4 er produziert und dabei helfen wir uns mit dem stabileren, zeitlich stabileren TSH-Wert. Das ist der Wert, den man bestimmt.

Mario D. Richardt: Ja und TSH habe ich tatsächlich schon öfters mal gelesen auf dem Blutbild, wenn man das vom Arzt bekommt, also das ist mir jetzt nicht ganz unbekannt. Was bedeutet jetzt Überfunktion, Unterfunktion? Was bringen diese Worte mit sich?

Was bedeuten die Begriffe Überfunktion und Unterfunktion?

Dr. Tobias Wiesner: Also eigentlich ist es ja so, dass die Schilddrüse immer bedarfsgerecht die Schilddrüsenhormone produziert. Also FT3, FT4, also T3, T4, ich sage immer FT3, FT4, weil das sind die sogenannten freien Hormone, die man im Blut misst, also das Trijodthyronin und das Thyroxin sind die Hormone, die von der Schilddrüse produziert werden und das macht die Schilddrüse gesteuert über die Hypophyse, also die Hirnanhangsdrüse, die mit dem TSH-Wert das reguliert. Wenn die Schilddrüse jetzt ein Problem bekommt und nicht ausreichend Hormone produziert wird, also zu wenig T3, T4 hergestellt und mit einem Mangel an diesen Hormonen kommt der Patient in seine Unterfunktion hinein.

Die hat bestimmte Symptome, die wir sicherlich gleich reden, wenn der Patient jetzt eine Schilddrüsenerkrankung hat, bei der die Schilddrüse zu viel Hormone produziert, also sich diesem Regulationsmechanismus entzieht aus der Hypophyse, also die Hypophyse sagt zwar, produziere nicht mehr so viel, aber die Schilddrüse sagt autonom nein, ich mache weiter, dann kriegt der Patient seine Schilddrüsenüberfunktion, die als Ursache die Schilddrüsenautonomie haben kann oder als Ursache auch eine sogenannte Autoimmunerkrankung, wo ein autoimmuner Prozess leider dazu führt, dass die Schilddrüse unkontrolliert Schilddrüsenhormone produziert und der Patient dann in seine Überfunktion kommt.

Mario D. Richardt: Was bringt das für Symptome mit sich?

Dr. Tobias Wiesner: Also die klassische Überfunktion ist eine Erkrankung, die dann einhergeht mit den erhöhten Werten, T3, T4 und das führt dann dazu, dass der Patient zum Beispiel unruhig ist, einen schnellen Herzschlag hat, einen hohen Blutdruck haben kann, eine Schlaflosigkeit hat, Gewichtsverlust haben kann, dass der Patient insgesamt sich nicht wohlfühlt und durchaus so dieses hibbelige aktive ist, das kann eine Schilddrüsenüberfunktion sein.

Die kann verschiedenste Ursachen haben, ich hatte es ja schon gesagt, einmal die Autonomie, also die Schilddrüse produziert von sich aus zu viel und hört nicht auf den übergeordneten Instanz, sprich die Hypophyse oder es kann sein, dass es eine Autonomie ist, dass also bestimmte Zellen in der Schilddrüse sagen, ich höre gar nicht mehr, was von außen passiert und wie gesagt, die autoimmune Situation, dass also Antikörper die Schilddrüse anstoßen und bei diesem Risiko kann es natürlich auch sein, dass, wenn der Patient zum Beispiel von außen und darüber werden wir sicherlich auch gleich reden, zu viel Iod bekommt, dass die Schilddrüse plötzlich so viel Iod angeboten bekommt, aus denen sie ja die Hormone produziert, dass es da zu einer Überfunktion kommen kann.

Und dann ist die Schilddrüsenunterfunktion, also genau das Gegenteil, es wird nicht ausreichend Schilddrüsenhormon produziert, das geht mit Müdigkeit einher, das geht mit Abgeschlagenheit einher, das geht mit Hautveränderungen einher, so eine trockne, teigige Haut tritt dann auf, es geht mit Haarveränderungen einher, so strohiges Haar, steht in den Lehrbüchern immer, das bei Patienten mit einer Unterfunktion und das kann natürlich dann auch zu einer Gewichtszunahme einhergehen, in der Unterfunktion. Ursachen für die Unterfunktion ist in unseren Breiten leider das häufigste die Hashimoto-Thyreoiditis, also auch eine autoimmune Drüsenerkrankung, bei der leider der Körper versehentlich die Schilddrüse als was Fremdes erkennt, die Schilddrüse irgendwie loswerden will, wie einen fremden, bösen Keim und deswegen Antikörper produziert und die Schilddrüse also in der Produktion erheblich gestört wird und deswegen zu wenig Hormone produziert.

Es kann auch sein, das ist selten, dass Patienten mit, von bestimmten Medikamenten blockiert werden, dass die Hormone nicht mehr produziert werden. Ganz selten ist auch der Umstand, dass Patienten überhaupt keine Schilddrüse angelegt bekommen haben, also im Mutterlaib und dass sie die Unterfunktion haben, aber das fällt schon in der frühen, also im Kleinkind-, im Babyalter auf, aber das häufigste, wie gesagt, in unseren Breiten ist die Hashimoto-Thyreoiditis und dann gibt es andere Formen der Unterfunktion, die man nicht so richtig erkennt, weil die keine Antikörper haben und dann ist es manchmal tatsächlich auch noch der Iodmangel, dass man also zu wenig Iod bekommt und die Schilddrüse nicht ausreichend Hormone produzieren kann.

Mario D. Richardt: Schilddrüse und Iod hängt zwangsweise immer irgendwie zusammen. Warum?

Wie hängen die Schilddrüse und Iod zusammen?

Dr. Tobias Wiesner: Das zentrale Mineral für das Schilddrüsenhormon ist tatsächlich das Iodmolekül und die Schilddrüse baut aus den Iodmolekülen das Schilddrüsenhormon und wie gesagt, das Thyroxin hat vier Iodmoleküle, das Trijodthyronin, also die aktive Form, hat drei, da wird eins abgespalten, wird dann aktiv, das ist also der zentrale Baustein. Also wenn ich kein Iod habe, kann ich keine Schilddrüsenhormone produzieren. Also ist Iod was ganz Wichtiges, deswegen empfehlen wir ja auch bei Patienten, die keine Schilddrüsenerkrankung haben, wie diese autoimmune Schilddrüsenerkrankung, empfehlen wir auch eine iodreiche Ernährung, also der berühmte Seefisch oder auch durchaus mal iodhaltiges Salz, wobei man muss immer aufpassen, bestimmte Erkrankungen lassen einem iodhaltiges Salz nicht essen, da verschlechtert sich eher die Erkrankung und wir empfehlen auch, weil Iod was ganz Wichtiges ist, ich hatte ja schon über das kluge Kind gesprochen, empfehlen wir auch den Schwangeren Iod zu nehmen, deswegen ist in diesen Präparaten die man als schwangere Frau oder schwanger werdende Frau nehmen sollte, auch Iod enthalten, um das Kind adäquat mit diesen ganz wichtigen Bausteinen für die Iod, für die Schilddrüsenhormonproduktion zu versorgen.

Mario D. Richardt: Aber zu viel Iod ist auch schädlich?

Dr. Tobias Wiesner: Also es gibt ein Überdosiseffekt von Iod, ja, das ist schon richtig, auch mit einem Augenzwinkern, den Überdosiseffekt von Iod kriegen heutzutage nur die Kollegen der Radiologie hin, wenn sie Kontrastmittel geben, aber Spaß bei Seite, also zu viel Iod ist etwas, was eigentlich der Körper dann auch wieder ausschwemmt. Es gibt nur bestimmte Erkrankungen, das ist in der Tat richtig, da sollte ich mit Iod etwas zurückhaltend sein und wie gesagt, bestimmte Schilddrüsenerkrankungen an sich, da sollte ich tatsächlich kein Iod nehmen, also wie gesagt, bei der Hashimoto-Thyreoiditis ist es tatsächlich so, dass man da so ein bisschen aufpassen muss. Wenn ich dem Patienten Iod gebe, kann sich die Erkrankung als solche verschlimmern.

Mario D. Richardt: Als das losging mit dem Ukrainekrieg, da war es so, dass online keine Apotheke mehr Kaliumiodid hatte. Die haben ja so gedacht, wenn es jetzt wirklich irgendwie tatsächlich eine Atomkatastrophe geben sollte, brauche ich ganz viel Iod. Warum ist das so?

Dr. Tobias Wiesner: Das ist genau der Umstand, den wir gerade so durch die Blume schon miteinander diskutiert haben. Wenn ich ganz, ganz, ganz viel Iod gebe, dann blockiere ich die Schilddrüse. Das ist dieser Überdosiseffekt und ich will bei einem Atomunfall die Schilddrüse schützen radioaktive Substanzen aufzunehmen, die dann zu einer Schilddrüsentumorerkrankung, sprich zum Schilddrüsenkrebs führen könnten.

Und das ist etwas, nach einem nuklearen Fallout, wie das ja so heißt, kann ich die Schilddrüse mit ultra hohen Dosen Iod, das ist nicht etwa, dass die Folsäure Iod-Präparate, die ich in der Schwangerschaft nehme, sondern viel, viel, viel höher nehmen und damit kann ich die Schilddrüse blockieren.

Wichtig an der Stelle noch mal, diese Blockade sollte zeitnah beim Atomunfall sein, also prophylaktisch zu nehmen macht tatsächlich keinen Sinn und es gibt auch ganz klare Empfehlungen des Robert Koch Instituts und der Behörden in Deutschland, es gibt auch eine bestimmte Altersgrenze, bei der man das Iod dann nicht mehr nehmen sollte, es sollten also hauptsächlich jüngere Patienten nehmen, in den behördlichen Angaben steht 40, 45 Jahre und älter sollte man dieses Iod nicht nehmen, weil das Risiko da einen Schilddrüsentumor zu bekommen, deutlichst geringer ist, als bei den jüngeren Patienten. Also das ist vielleicht noch mal eine wichtige Aussage.

Mario D. Richardt: Ja also 45, so ist die Grenze dann?

Dr. Tobias Wiesner: Das heißt nicht, dass man zu alt ist mit 45, das heißt nur, dass das Risiko eine Schilddrüsentumorerkrankung zu bekommen durch eine radioaktive Belastung deutlichst geringer ist und wie gesagt, wir sollten die Jüngeren schützen.

Mario D. Richardt: Da haben wir auf jeden Fall zwei Sachen, die man in diesem Zusammenhang noch sagen muss, man soll es nicht alleine nehmen, auf eigene Faust, sondern die Behörden kümmern sich darum, das ist noch mal ganz wichtig und zum anderen, Sie sagten schon, diese normalen Iodpräparate aus der Apotheke, man müsste ja tonnenweise davon essen, das ist in einer viel zu geringen Dosis, sondern man braucht da schon diese spezielle Kaliumiodid, da gibt es aber irgendwie bloß eine Firma, die das hat und das ist sowieso permanent ausverkauft.

Dr. Tobias Wiesner: Das ist, also es ist eigentlich auch nicht in Apotheken verfügbar, weil es ja für den nuklearen Notfall vorgehalten wird und auch da habe ich nie gedacht, dass ich mir darüber Gedanken machen müsse, habe mir die Information in den letzten Tagen auch erarbeitet. Es ist tatsächlich so, wenn es zu einem Fallout kommt, gibt es eine Reserve in Deutschland, wie voll die ist, sei dahin gestellt, aber es wird dann empfehlen das zu nehmen oder nicht zu nehmen, damit man auch adäquat zum richtigen Zeitpunkt die Schilddrüse blockiert.

Mario D. Richardt: Dann reden wir allgemein über die Schilddrüse. Wie merke ich denn selbst, dass es die Schilddrüse ist? Also, dass ich mal den Arzt aufsuchen sollte? Merke ich das selbst, dass es die Schilddrüse ist oder merke ich einfach bloß, ich bin jetzt immer so abgeschlagen, oder?

Was sind die Symptome einer Schilddrüsenerkrankung?

Dr. Tobias Wiesner: Also die Schilddrüse an sich spezifisch zu merken, das geht eigentlich nicht. Da erinnere ich mich auch an mein Professor in Anatomie, der den schönen Satz sagte, die Schilddrüse ist das Chamäleon unter den Organen. Also es kann alles und nichts sein und es kann auch mal die Schilddrüse sein und als Endokrinologe habe ich den ganzen Tag ja sehr viel mit der Schilddrüse zu tun und ich habe auch mit den Sätzen der Kollegen zu tun, die den Patienten sagen, das muss Ihre Schilddrüse sein und dann ist es unsere gemeinsame Aufgabe, also Patient und ich, herauszubekommen, ist es denn die Schilddrüse?

Vielleicht der wichtige Satz, es gibt keine spezifischen Symptome für die Schilddrüse. Ob ich müde bin, das kann alles sein, kann aber auch der fehlende Nachtschlaf sein, ob ich aufgeregt bin, das kann die Schilddrüse sein, kann aber auch die Verliebtheit sein, also insofern ist es immer ganz wichtig und deswegen auch mein Satz, nicht allein den Laborwert zu bestimmen, der hilft uns natürlich, sondern auch mit dem Patienten zu reden, zu sprechen und zu fragen: „Was sind Ihre Symptome?

In welchem Zusammenhang sind die aufgetreten? Was haben Sie denn sonst gemerkt? Was gibt es sonst so für Dinge im Alltag?“ Und das ist vielleicht der wichtige Satz, spezifische Symptome für die Schilddrüse gibt es tatsächlich nicht, deswegen das Gespräch mit dem Arzt, auch die Hausärzte sind da inzwischen sehr erfahren und dann die Kontrolle dieses TSH-Wertes und wenn man da den Verdacht hat, kann man weiterführende Diagnostik machen. Es gibt ja noch ein paar andere Parameter, die man bestimmen kann.

Ich hatte es ja gesagt, FT3, FT4 oder zum Beispiel auch die sogenannten Antikörper, um zu wissen, ob eine Unterfunktion autoimmun bedingt ist, oder ob eine Überfunktion autoimmun bedingt ist. Diese Parameter kann man bestimmen.

Mario D. Richardt: Und lieber einmal mehr checken lassen, die Schilddrüse, als zu wenig.

Dr. Tobias Wiesner: Also insbesondere auch da, wenn das familiäre Risiko da ist, das muss man ja sagen, in unseren Breiten ist es ja, Sie hatten es gesagt, ein Drittel eine Schilddrüsenerkrankung, das ist sehr häufig eine familiäre Geschichte. Leider betrifft es häufig auch Frauen mit Schilddrüsenerkrankung, also wenn die Schwester oder die Mutter an einer Schilddrüsenerkrankung erkrankt ist, macht es durchaus Sinn, den Schilddrüsenwert etwas häufiger mal zu checken und insbesondere, wenn eine Auffälligkeit schon mal gewesen ist, also zum Beispiel eine Schilddrüsenfehlfunktion in der Schwangerschaft, macht es Sinn, einmal jährlich den Schilddrüsenwert zu bestimmen.

Mario D. Richardt: Ab wann sollte man denn den Arzt aufsuchen?

Dr. Tobias Wiesner: Also wichtig ist es immer, mit dem Hausarzt seine Fragen zu klären, ob es die Schilddrüse sein kann und das ist auch so der Hauptweg, wie die Patienten zu uns Endokrinologen finden, also der Kollege, der hausärztliche Kollege hat den Verdacht zur Schilddrüse mit dem Patienten zusammen gelenkt und hat vielleicht auch einen Schilddrüsenwert bestimmt und mit diesen Schilddrüsenwerten gucken wir uns den Patienten an.

Was natürlich ein Punkt ist, den hatten wir ganz am Anfang besprochen, ist, wenn ich das Gefühl habe, es drückt im Hals, also die Schilddrüse ist zum Beispiel zu groß, ich habe das Gefühl, dass die Schilddrüse groß ist, dafür haben wir spezielle Ultraschallgeräte, mit denen man sich die Schilddrüse genau angucken kann. Wir können also die Größe ausmessen, wir können die Durchblutung angucken, wir können sehen, ob Knoten oder ob Zysten in der Schilddrüse drin sind, das ist nichts Seltenes aber die Frage ist auch, ob so was krankhaft ist?

Wie es im Verhältnis zu den anderen Halsorganen ist, da ist ja nicht viel Platz im Hals. Also das können wir mit einem Ultraschall tatsächlich sehr entspannt machen und deswegen ist so die Frage, Schluckbeschwerden, Engegefühl, ein Punkt, der zum Endokrinologen, zum Ultraschall führen sollte. Wie gesagt, das Gefühl, dass die Schilddrüse außerhalb der Funktion ist, das lohnt sich immer mit dem Hausarzt zu besprechen, weil die ganzen anderen Fragen, die bei eingeschränktem Befinden auch auftreten könnten, er mit im Blick hat und dann sind wir natürlich gerne Ansprechpartner als Endokrinologen.

Mario D. Richardt: Dann gibt es ja bisweilen Menschen, Sie haben es auch schon angedeutet, die bekommen auch so ja, so eine dicke Beule an der Schilddrüse. Was ist da los? Ist es immer was Schlimmes?

Dr. Tobias Wiesner: Also in den seltensten Fällen, erfreulicherweise ist es was Schlimmes, die, der Anteil derer, die bei einer zum Beispiel Knotenstruktur einen Tumor haben, ist erfreulicherweise sehr gering, also die Schilddrüse wird leider in unseren Breiten aus verschiedensten Gründen, auch zum Beispiel dem Iodmangel bestimmten vulnerablen Phasen, also Pubertät et cetera dann zu groß, also das ist diese Struma oder auch früher Kropf genannt, das hat durchaus was mit der Iodversorgung auch zu tun, das hatten wir ja schon kurz besprochen gehabt, aber es gab ja traditionell und auch geografisch bedingt Regionen, in denen weniger Iod zur Verfügung stand und da ist ja der Kropf, der berühmte Kropf eine häufige Komplikation gewesen, dass es sogar Einzug in die Trachten genommen hat. Es gibt ja das berühmte Kropfband bei den bayerischen Trachten, das hat einfach was damit zu tun, weniger Iod, große Schilddrüse und das hat man dann mit geschmückt, mit einem doch sehr, sehr schön gestalteten Kopfband, also das ist durchaus etwas, was man in den Alpenregionen sieht.

Also insofern ist diese Fragestellung nach der Größe der Schilddrüse insofern zu beantworten, es kann einerseits eine Vergrößerung sein, es kann andererseits aber auch ein Knoten sein oder eine Zyste. Also wenn zum Beispiel in eine Struktur in die Schilddrüse einblutet, dann bildet sich daraus eine Zyste, die ist in vielen Fällen harmlos, aber das zu unterscheiden ist die Aufgabe von uns Endokrinologen. Also mit Ultraschall oder mit einer Punktion zum Beispiel von Knoten oder Zyste.

Mario D. Richardt: Welche Krankheiten der Schilddrüse gibt es noch?

Welche Krankheiten der Schilddrüse gibt es noch?

Dr. Tobias Wiesner: Also es gibt die Autoimmunschilddrüsenerkrankungen, also die autoimmune Überfunktion, die autoimmune Unterfunktion, es gibt die Schilddrüsenvergrößerung, es gibt die Schilddrüsenvergrößerung mit Knoten, es gibt die Zysten in der Schilddrüse und es gibt natürlich auch, sehr selten erfreulicherweise, hatte ich ja gesagt, auch die Schilddrüsenkarzinome, da gibt es unterschiedliche Typen, die einer endokrinologischen Diagnostik und dann auch einer häufig chirurgischen oder auch nuklearmedizinischen Therapie bedürfen.

Mario D. Richardt: Nehmen wir mal an, die Schilddrüse müsste entfernt werden, wir haben ja anfangs gesagt, es ist ein sehr wichtiges Organ, hat sehr viele Funktionen. Könnte man locker ohne Schilddrüse leben?

Dr. Tobias Wiesner: Also seit den, ich glaube knapp 80 Jahren, ich bitte korrigiert zu werden, von demjenigen, der das weiß, kann ein Schilddrüsenhormon synthetisch hergestellt werden. Bis dahin war eine Unterfunktion immer etwas, was nicht mit dem Leben vereinbar gewesen ist. Seit dem man Schilddrüsenhormone synthetisch herstellen kann, kann ich ohne Schilddrüse auch leben, muss nur regelmäßig die Medikamente einnehmen und auch regelmäßig die Laborwerte kontrollieren.

Mario D. Richardt: Dann bedanke ich mich. Das war wieder sehr aufschlussreich, vielen Dank, Dr. Wiesner.

Dr. Tobias Wiesner: Sehr gerne.

Mario D. Richardt: Ihnen vielen Dank fürs Zuhören. Die nächste Folge kernig & gesund gibt es am nächsten Mittwoch. Alle Folgen finden Sie auf kernig-und-gesund.de und außerdem überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Bis zum nächsten Mittwoch, tschüss.