Podcast-Folge Fettleber anhören

Nahezu 25 % der Deutschen haben eine Fettleber. Viele wissen  jedoch nicht, dass sie davon betroffen sind. Im Gespräch mit Fachärztin Dr. Kerstin Breitschwerdt spricht der Moderator Mario D. Richardt über Ursachen, Symptome, Folgen und Behandlung der Fettleber.

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Expertin: Dr. Kerstin Breitschwerdt, Gastroenterologin

Dr. Kerstin Breitschwerdt

Dr. med. Kerstin Breitschwerdt

Fachärztin für Innere Medizin/Gastroenterologie

Im Jahre 2010 wurde Dr. Breitschwerdt zur Fachärztin für Innere Medizin. Vier Jahre später kam der Abschluss in Gastroenterologie dazu. Seit 2017 findet man sie nun in eigener Niederlassung in der Gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis – Breitschwerdt. Glas. Gürtler in Leipzig. Lesen Sie hier den gesamten Lebenslauf von Dr. Kerstin Breitschwerdt.

Transkript der Folge Fettleber

Mario D. Richardt: Hallo und willkommen bei „kernig & gesund“! Mein Name ist Mario D. Richardt, ich interessiere mich brennend für das Thema Gesundheit, und deshalb gibt es diesen Podcast. Jede Woche Mittwoch bespreche ich mit Fachärzten verschiedene Gesundheitsthemen, sozusagen eine Sprechstunde zum Hören. Dabei sind wir immer sehr direkt und reden nicht um den heißen Brei herum. Heute ist eine junge Gastroenterologin mit mir am Mikrofon, die seit 2017 eine eigene Praxis in Leipzig betreibt: Dr. Kerstin Breitschwerdt. Guten Tag!

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Hallo Herr Richardt!

Mario D. Richardt: Das Phänomen Fettleber tritt überraschend sehr häufig auf. Gut ein Viertel aller Erwachsenen sind betroffen. Ich selbst war vor gut einem Jahr mal beim Bauchultraschall, und dann sagte mir die Ärztin, dass ich eine leichte Fettleber hätte. Ich habe sie angeguckt, als hätte ich ein drittes Auge. Wenn ich mal Alkohol trinke, dann ist es, wenn es mal hochkommt, ein Glas Weißwein im Vierteljahr. Frau Dr. Breitschwerdt, ich dachte, dass eine Fettleber nur Alkoholiker bekommen.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Alkohol ist eine häufige Diagnose einer Fettleber, aber nicht die häufigste, nicht mehr in der heutigen Zeit. Es gibt sehr viele Ursachen von einer Fettleber in der heutigen Zeit, also im 21. Jahrhundert, vor allem die Ernährungs- und die Lebensweise, Stoffwechselstörungen, Diabetes, Übergewicht. Es ist auch wirklich so, dass inzwischen in Europa und in den USA die Fettleber die am häufigsten diagnostizierte Ursache einer chronischen Lebererkrankung inzwischen ist. Und damit ist eben nicht die alkoholische Fettleber gemeint.

Mario D. Richardt: Wie wird denn eine Fettleber definiert?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Eine Fettleber wird definiert, indem die Leberzellen zur Hälfte mit Fettzellen durchsetzt sind.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Zur Hälfte ist die Fettleber, so ist das.

Mario D. Richardt: Oh Gott! Und wie sieht so eine Leber dann aus, so eine Fettleber? Ist das so, dass da an der Leber ein Klumpen Fett dranhängt oder dass die Leber mit Fett durchzogen ist?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Die Leber ist insgesamt mit Fett durchzogen, und zwar jede einzelne Leberzelle zeigt ein Fett-Tröpfchen. Das wird natürlich nur unterm Mikroskop so diagnostiziert, sonst im Ultraschall sieht man eben eine helle Leber.

Mario D. Richardt: Das klingt ja fast ein bisschen ekelhaft. Ich habe gehört, es gibt drei Stufen der Fettleber. Können Sie das so bestätigen?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Es kann eine beginnende Fettleber sein, indem eben einzelne Zellen mit Fett durchzogen sind, und es kann eben eine sehr fortgeschrittene Fettleber sein. Die nächste Stufe wäre zum Beispiel dann die Fettleber-Hepatitis, sprich, die Entzündung der Fettleber.

Mario D. Richardt: Und dann gibt es im allerschlimmsten Fall die Leberzirrhose.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Von der Leberfibrose über die Leberzirrhose, und schlimmstenfalls dann eben Leberkrebs. Amerikanische Studien haben inzwischen gezeigt, dass wahrscheinlich in 30 Jahren die häufigsten Lebertransplantationen aufgrund von einer Fettleber, die eben in Leberzirrhose übergegangen ist und dann Leberkrebs gebildet hat, stattfinden werden.

Mario D. Richardt: Das heißt also, das Einzige, was man machen kann, wenn es eine Leberzirrhose wird, ist die Transplantation?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Das wäre dann der letzte Schritt. Weil die Leberzirrhose, die ist nicht mehr rückläufig.

Mario D. Richardt: Welche Unterschiede gibt es denn jetzt zwischen der alkoholischen und der nichtalkoholischen Fettleber? Gibt es Unterschiede, wenn man sich die Leber ansieht?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Nein! Fettleber ist Fettleber im Endeffekt.

Mario D. Richardt: Wirklich?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Es kommt eben nur auf die Ursache an sich an. Ja!

Mario D. Richardt: Okay! Na, dann sprechen wir über die Ursachen.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Die Ursachen, wie Sie gesagt haben, das ist der Alkohol, es sind die Ernährungsweisen, über die wir jetzt gerade sprechen. In allerhäufigsten, in allerschwersten Fällen ist es eine Knollenblätterpilzvergiftung. Sehr spannend, auch immer wieder im Sommer gesehen durch Pilzsammler. Aber natürlich auch immer noch die Hepatitiden, die Virus-Hepatitiden, A, B, C und D. Man sollte sich impfen lassen, ganz, ganz wichtig.

Und seit der Einführung der Therapie der Hepatitis C ist das auch insgesamt sehr selten geworden. Dann Medikamente, viele Patienten nehmen auch viele Medikamente ein, und die, die wenig Medikamente einnehmen, nehmen oft auch Phytopharmaka ein, sprich, pflanzliche Medikamente, die schlecht geprüft sind und wirklich oft auch mit Alkohol durchsetzt sind. Auch eine Gefahr für die Fettleber.

Mario D. Richardt: Dann haben Sie jetzt die Ernährungsweise angesprochen. Alkohol ist ja völlig klar, aber wie ernähre ich mich denn richtig? Also, als ich zum Beispiel auf der Liege lag und es hieß, ich habe eine Fettleber oder eine leichte Fettleber, hieß es dann: Ja, Sie dürfen nicht so viel Obst essen wegen des Fruchtzuckers und nicht so viele Kohlenhydrate, sprich, also keine Nudeln oder weniger Nudeln, vielleicht weniger Weißmehl, Pizza und Pipapo.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Richtig! Also es ist so, dass die Kohlenhydrate natürlich einen ganz großen Bestandteil der Fettleber an sich machen. Man sollte ausgewogen, vor allem auch Vollwertkost zu sich nehmen. Es spricht überhaupt nichts gegen Vollkornnudeln, ganz wunderbare Sache. Ganz wichtig …

Mario D. Richardt: Doch! Der Geschmack.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Das lässt sich durch entsprechende Soßen, dabei aber bitte fettarm, auch wieder regulieren.

Mario D. Richardt: Wie kommt es dann aber, dass auch schlanke Menschen, die viel Sport machen, eine Fettleber bekommen?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Möglicherweise auch die Ernährung? Also es ist wirklich so, dass Softdrinks die größte Gefahr im Moment sind. Die USA liegt dabei ganz vorne. Dass aber auch natürlich viele Transfette, sprich, auch verarbeitete Lebensmittel, Wurstprodukte, fettige Speisen und so weiter, auch wirklich ganz stark auf die Fettleber gehen.

Mario D. Richardt: Dann das große Problem, ja, das Obst. Da ist viel Fructose drin, vor allem zum Beispiel in Bananen, Äpfeln, Pflaumen, das sind ja echte Fructose-Bomben. Was ist damit? Muss man darauf verzichten?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Ich liebe diesen Satz vom Fernseharzt Lekutat: Ein Apfel ist gesund, fünf Äpfel machen eine Fettleber. Und daran sollte man sich auch orientieren. Unterschiedliche Obstsorten haben natürlich auch unterschiedliche Fructose-Gehalte.

Die Weintrauben haben sehr viel Fructose, auch Äpfel haben viel Fructose, Birnen, Trockenobst sehr, sehr viel, und interessanterweise auch Honig. Das sollte natürlich bei einer entsprechenden Diät dann auch gemieden werden. Wenn die Früchte an sich gegessen werden, ist der Fructose-Anteil nicht so hoch, als wenn man Säfte, Smoothies zu sich nimmt.

Mario D. Richardt: Und grundsätzlich wollen wir jetzt nicht sagen, Obst ist ungesund, es kommt halt auf die Menge drauf an.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: So ist es.

Mario D. Richardt: Was ist denn mit Kaffee?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Kaffee ist eher leber-protektiv, also sprich, es unterstützt die Leber im positiven Sinne und reduziert den Fibrose-Grad. Drei bis vier Tassen am Tag sollten ausreichen.

Mario D. Richardt: Moment! Drei bis vier Tassen muss man trinken, um die Leber zu schützen?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Wäre gut.

Mario D. Richardt: Aber dann bin ich ja die ganze Zeit wach, wenn ich mal schlafen will.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Sie können das am Vormittag trinken, bis zu sieben Tassen sogar.

Mario D. Richardt: Oh Gott! Okay! Das ist wirklich mal eine Aussage. Wie viele Menschen sind denn davon betroffen, von der Fettleber?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Man sagt, aktuell etwa ein Drittel der Über-40-Jährigen. Spannend wird es bei Übergewichtigen mit Diabetes, da sind schon über 90 % betroffen. Die Gefahr besteht aber auch, dass die Kinder inzwischen befallen sind, und zwar mit bis zu 30 % der Kinder, vor allem der übergewichtigen Kinder haben eine Fettleber.

Mario D. Richardt: Ernsthaft?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Ja.

Mario D. Richardt: Wird das vielleicht ein bisschen vernachlässigt oder belächelt, dass es heißt, okay, ja, Fettleber stört mich jetzt nicht so, kann ja nichts passieren?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Das ist ja genau das. Die Fettleber tut nicht weh und man weiß eben für sich als Ottonormal nicht, was die Folgen entsprechend sind.

Mario D. Richardt: Was machen Sie denn, wenn Ihnen ein dickes Kind begegnet und Sie im Ultraschall vielleicht schon festgestellt haben, okay, hier muss dringend was passieren, sonst ist es nicht mehr lange schön?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Dem dicken Kind empfehle ich natürlich mehr Bewegung, ganz klar, und dann muss ich natürlich mit den Eltern sprechen, das ist das Wesentliche.

Mario D. Richardt: Da muss man ansetzen. Ja.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Bei den Eltern. Da geht’s vor allem um die Ernährung, aber auch eben Bewegung. Es wird empfohlen, 10.000 Schritte am Tag zu machen. Nachgewiesen ist das bisher ausschließlich bei Postboten. Im Büro im Schnitt 150 Schritte am Tag.

Mario D. Richardt: 150 schafft ein Beamter?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Klingt viel.

Mario D. Richardt: 150 Schritte?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Schafft tatsächlich ein Beamter.

Mario D. Richardt: Am Tag?

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Ja.

Mario D. Richardt: Nein!

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Ja.

Mario D. Richardt: Nein!

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Ja.

Mario D. Richardt: Ich meine, selbst wenn ich mal freihabe, habe ich 2000 Schritte nur bei mir zu Hause.

Dr. Kerstin Breitschwerdt: Also ich finde 10.000 schon viel.