Multiple Sklerose: Sicher hat jeder schon einmal von der Bezeichnung: „Die Krankheit der tausend Gesichter“ gehört oder gelesen. Weltweit leiden mehr als 2,5 Millionen Menschen daran, in Deutschland sind mehr als 250.000 Menschen, Frauen doppelt bis dreifach so oft betroffen.

In dieser Folge erfahren Sie:

  • Was ist Multiple Sklerose eigentlich?
  • Welche Symptome zeigen sich?
  • Wie beeinflusst die Krankheit den Alltag?
  • Wie kann man durch Lebensstiländerung den Verlauf beeinflussen?
  • Bedeutet die Diagnose zwangsläufig auch: Rollstuhl?

Kalischewski, Petra - Neurologin

Dr. Petra Kalischewski

Neurologin

Dr. Kalischewski hat ihr Medizinstudium an der Universität Leipzig absolviert mit anschließender Weiterbildung als Fachärztin für Neurologie. Sie war u.a. Oberärztin in der neurologischen Klinik des sächsischen Krankenhauses Hubertusburg in Wermsdorf. Seit 2005 ist sie niedergelassene Ärztin in einer Gemeinschaftspraxis für Neurologie in Leipzig.

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Transkript der Folge Multiple Sklerose – Krankheit der tausend Gesichter

Multiple Sklerose, sicher hat jeder schon einmal von der Bezeichnung, die Krankheit der 1.000 Gesichter, gehört oder gelesen. Weltweit leiden mehr als zweieinhalb Millionen Menschen daran. In Deutschland sind es mehr als 250.000 Menschen. Frauen sind doppelt bis dreifach so oft betroffen. Doch was ist Multiple Sklerose eigentlich? Welche Symptome zeigen sich? Wie beeinflusst die Krankheit den Alltag und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? Darum geht es heute bei kernig & gesund.

„kernig & gesund“, der Gesundheits-Podcast präsentiert von apodiscounter.de

Mario D. Richardt: Einen schönen guten Tag zum Gesundheitspodcast kernig & gesund, ich bin Mario D. Richardt und in jeder Folge geht es um ein Gesundheitsthema und heute ist es die Multiple Sklerose. Den Namen dieser Krankheit kennen viele, doch was wirklich dahintersteckt, ist den wenigsten bekannt. Deshalb wollen wir heute darüber aufklären und das mache ich mit Dr. Petra Kalischewski, sie ist heute mein Gast. Sie ist Fachärztin für Neurologie. Schönen guten Tag.

Dr. Petra Kalischewski: Guten Tag.

Mario D. Richardt: Schön, dass Sie heute mit dabei sind. Multiple Sklerose, was für eine Erkrankung ist denn das eigentlich, wenn man das kurz mal zusammenfassen kann?

Was ist Multiple Sklerose?

Dr. Petra Kalischewski: Also, die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, eine Erkrankung, wo das Immunsystem die Unterscheidung zwischen körpereigen und körperfremd nicht mehr ganz korrekt hinbekommt und damit gegen körpereigene Strukturen, in dem Fall im Gehirn, immunologische Reaktionen entwickelt. Die äußern sich in Form von verschiedenen neurologischen Symptomen, wie Sehstörungen, Sensibilitätsstörungen, Lähmungen und Koordinationsstörungen.

Mario D. Richardt: Also man kann das im Prinzip gar nicht über einen Kamm scheren, ne? Deswegen ist es die Krankheit der 1.000 Gesichter?

Dr. Petra Kalischewski: Ja, das kommt immer drauf an, wo eben diese Autoimmunreaktion abgeht, ne? Wo die also verläuft. Wenn das eben eher in einer Region ist, im Hirnstamm, dann hat man eben Doppelbilder oder Koordinationsstörungen, oder es ist eben im Rahmen der motorischen Bahn, da hat man dann eher eine Lähmung oder es ist eben im Rückenmark, da gibt es dann querschnittsähnliche Symptome, so wie man das eben auch nach Verkehrsunfällen kennt.

Mario D. Richardt: Kann das überall im Körper passieren?

Dr. Petra Kalischewski: Na überall, wo das zentrale Nervensystem halt ist, ne? Im Kopf und also im Gehirn und im Rückenmark. Es ist die Erkrankung des zentralen Nervensystems.

Mario D. Richardt: Aber kann das auch wandern? Also wie muss man sich das vorstellen, wenn es dann sozusagen, nehmen wir mal an, es ist wirklich dann im Kopf, kann es dann noch in tiefere Gelenke, in die Nervensysteme wandern?

Dr. Petra Kalischewski: Es bleibt von der Entzündung her im Kopf und im Rückenmark, also im Gehirn und im Rückenmark, aber die Symptome werden natürlich dort verschlüsselt. Das ist quasi unser Computer und unser Hauptstrang der Leitung. Und wenn da eben Informationsblockaden entstehen durch diese autoimmune Reaktion, durch die Herde, wie wir die da nennen, dann kommt es quasi zu einem Informationsblock und damit zu einer Lähmung oder eben zu einer Sensibilitätsstörung oder auch zu einer Sehstörung.

Mario D. Richardt: Ich habe gelesen, dass es ein Zusammenhang geben könnte zwischen Multiple Sklerose und dem Epstein-Barr-Virus. Das ist unter anderem der Auslöser für das pfeifferesche Drüsenfieber. Gibt es da neue Erkenntnisse?

Dr. Petra Kalischewski: Also das ist von der Sache her nicht so ganz so neu, also Epstein-Barr-Virus steht schon immer mal in der Diskussion in der Entstehung der  Multiplen Sklerose, das war schon mehrfach in Diskussion, nur warum das jetzt gerade wieder diskutiert wird, ist eine aktuelle Untersuchung, die man in den USA gemacht hat, wo man Blutproben von Armisten untersucht hat und die auch im Querschnitt, also im Verlauf von mehreren Jahren beobachtet hat und geguckt hat, wer hat davon eine MS gekriegt und was war da besonders auffällig? Und da hat man eben zu einem hohen Prozentsatz gesehen, dass die an Epstein-Barr infiziert waren in einem zeitlichen Abstand kurz davor.

Mario D. Richardt: Also könnte das durchaus sein, wenn man früher mal pfeifferesches Drüsenfieber, also Mononukleose hatte, dass man dann später an Multiple Sklerose erkrankt?

Dr. Petra Kalischewski: Ja und nein. Also letztendlich ist die Durchseuchung an EBV irgendwann mal sicher so bei 80 oder noch mehr Prozent, sodass nicht 80 Prozent der Bevölkerung eine Autoimmunerkrankung entwickeln.

Mario D. Richardt: Klar.

Dr. Petra Kalischewski: Aber es ist eines dieser Bausteine, die eben dazu führen, eine Fehlerkennung im Immunsystem zu induzieren. Es werden auch Masernviren, Zosterviren und andere Viren immer mal diskutiert, die eben quasi zu einer Fehlerkennung führen können. Das ist, sicherlich ist es ein kompaktes Geschehen, was wir im Detail noch nicht verstanden haben.

Mario D. Richardt: Also irgendwie ist wahrscheinlich dann immer ein Virus dran schuld an dieser Erkrankung?

Ist immer ein Virus schuld an der Erkrankung?

Dr. Petra Kalischewski: Würde ich jetzt nicht behaupten wollen, also das ist so, eine Struktur X nehmen wir auf, es kommt über eine, eine Fehlerkennung zu einer Aktivierung im Immunsystem gegen diese Struktur X, bloß gegen die eigene Struktur. Man nennt das Molekulares Mimikry und da gibt es noch ein paar andere Mechanismen, die dazu führen können, dann gibt es halt eine Entzündung.

Die Entzündung gegen die Struktur X, zum Beispiel gegen Epstein-Barr, zum Beispiel gegen das Coronavirus und zeitgleich eben, weil eben die Oberflächen sehr ähnlich sind, zwischen der Struktur X und der Gehirnstruktur, eben auch verläuft diese Entzündung auch im Gehirn ab und das wäre so die Vorstellung für Autoimmunität.

Es spielen sicherlich noch andere Funktionen eine Rolle, sicherlich ist die Ernährung ein Thema, wo wir vielleicht auch noch mal drauf eingehen könnten und eine genetische Prädisposition sollte man auch mit berücksichtigen.

Mario D. Richardt: Dann lassen Sie uns gleich sprechen über die Ernährung.

Dr. Petra Kalischewski: Wir in der westlichen Welt wissen ja inzwischen, dass unsere allgemeine Ernährung nicht mehr ganz so optimal ist. Wir essen zu viele Transfette, wir essen viel zu viel Zucker, wir essen viel zu wenig Gemüse und beim Obst muss man gucken und wir essen nicht gut saisonal und es gibt sicherlich auch verschiedene Richtlinien der deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin.

Ich habe mich da ausführlich mit beschäftigt, mit Ernährung und habe auch verschiedene Bücher gelesen und bin also dazu gekommen, dass man ein bisschen differenzierter sehen muss und auch für die Patienten jeder seinen eigenen Weg finden muss, was die Ernährung angeht, so. Wichtig ist, dass man erst mal mit sich selber und mit seinem Ernährungskomplex auseinandersetzt und dann erkennt aha, ich esse viel zu viel Zucker, auch versteckte Zucker, mein Kohlenhydratkonsum, auch mit Nudeln und ähnlichen Pastasachen ist viel zu hoch und da Gemüse na ja. Es gibt da verschiedene Bücher, die ich da auch empfehle, einfach nur als Anschub sich damit auseinander zu setzen, das ist ein Buch von einem Arzt aus Australien, Jelinek heißt der, der einfach meint, dass Multiple Sklerose überwinden auch über Ernährung geht, das empfehle ich den Patienten, wenn sie dann fragen, was kann ich selber noch tun, nachdem wir das andere alles besprochen haben.

Das Zweite, was ich empfehle und was ich auch selber gelesen habe, ist der Ernährungskompass von Bas Kast, der so einfach eine sehr, sehr gute, recherchierte Ernährungsempfehlung gibt fürs Leben. Und was mir als Erstes so über den Weg gelaufen ist, als ich mich begann mit Ernährung auseinander zu setzen, war eine Ernährung aus dem Sport und das nennt sich Glycoplan, das ist eine Ampel, wo man sagt rot, gelb, grün, was darf ich essen ist grün, was ist mh, ist gelb und das Rote sollte man meiden.

Und da hat man so ein bisschen einen Anhaltspunkt, man soll natürlich auch genießen und man soll auch mal sein Steak essen, aber es ist alles eine Frage des Maßes und das ist, glaube ich, ein wichtiger Aspekt, der überall im Leben eine Rolle spielt.

Mario D. Richardt: Aber auch Stress kann ich mir vorstellen, dass es einen wichtigen Einfluss hat auf den Verlauf?

Hat Stress Einfluss auf den Verlauf?

Dr. Petra Kalischewski: Tatsächlich ist Stress, ist zwar heute verbunden immer mit Arbeit und mit Leben, aber tatsächlich ist jegliche Form von Stress auf Arbeit, in der Familie, in der Familiengeschichte ein wichtiger Einfluss auf gesund oder ungesund. Das, man stresst sich mit einem schnellen essen und mit dem falschen essen, man stresst sich aber auch mit einem falschen oder überdimensionierten Umfeld und man stresst sich auch mit zu viel Medien, mit zu viel Handy, mit zu viel Fernsehen, mit zu viel Informationen. In dem Zusammenhang halte ich es für wichtig auch den Psychologen zu konsultieren, wenn man merkt, dass man aus bestimmten Stressoren nicht rauskommt, wenn man merkt, dass man die zwar hat und fühlt, aber sie nicht benennen kann. Sie nicht bearbeiten kann, dann braucht man meistens jemanden wirklich unabhängigen.

Mario D. Richardt: Der einfach einen Blick drauf wirft, das erkennt?

Dr. Petra Kalischewski: Der einen Blick drauf wirft und einen auch an die Hand nimmt, in dem Moment, aus dieser Situation herauszukommen. Das halte ich für sehr notwendig für eine Krankheitsstabilisierung im Langzeitverlauf. Da gehört Sport noch mit dazu oder Bewegung. Sport ist sicher relativ, ja? Auch Sport kann zu viel Stress führen, also die Bewegung, Ernährung, also man muss sich in seinem Leben einfach noch mal einrichten und das in der Summe, bin ich überzeugt davon, in meinen doch vielen Jahren der praktischen Tätigkeit, dass das funktioniert.

Mario D. Richardt: Dann sind wir jetzt quasi schon so ein bisschen in der ganzen Therapie, bei den Therapiemöglichkeiten, lassen Sie uns noch mal an den Anfang springen. Wer erkrankt denn eigentlich an Multiple Sklerose und in welchem Alter am häufigsten?

Dr. Petra Kalischewski: Es erkranken vorwiegend die jungen Frauen, zwei bis dreifach häufiger, als Männer, aber vom Alter her ist es so, dass tatsächlich auch schon Kinder erkranken und es ist auch tatsächlich so, dass man mit ungefähr 60 auch noch mal eine Multiple Sklerose mit diagnostiziert. Das ist aber doch nicht so häufig, häufig sind so die Frauen zwischen 20 und 40.

Mario D. Richardt: Aber wie bekommt man das mit? Also wir haben ja schon gesagt, Krankheit der 1.000 Gesichter, das kann ja im Prinzip überall im Körper auftauchen. Lässt sich deshalb Multiple Sklerose so schwer erkennen?

Dr. Petra Kalischewski: Also schwer erkennen würde ich nicht unterschreiben. Ich bin Neurologe und ich weiß, wovon ich rede. Es ist sicher schwieriger jetzt dem Hausarzt immer gleich klarzumachen, also das ist eine MS und das ist ein Bandscheibenvorfall oder das ist ein Symptom zu dem oder zu dem. Also prinzipiell ist es so, dass man in dem Alter einfach dran denken muss, ja? Das häufig, häufig hat immer unser erster Oberarzt gesagt, so muss man einfach auch immer an die Dinge rangehen. Wann ist es eine Multiple Sklerose?

Mario D. Richardt: Genau, vielleicht so die ersten Anzeichen? Ja.

Dr. Petra Kalischewski: Also eine akute Sehstörung, also nach dem Motto, der Arzt sieht nichts und der Patient sieht auch nichts, das war so immer unsere erste Regel, die wir so gelernt haben. Das gibt jetzt natürlich viele schöne Untersuchungsmethoden, um das eben ein bisschen zu relativieren, aber die Sehstörung. Dann Nebel über oder der Vorhang, der über einem Auge sich zeigt, das ist, Doppelbilder sollten an eine Multiple Sklerose denken lassen, zumindest bei den jungen Leuten.

Sensibilitätsstörungen, Gangstörungen, Koordinationsstörungen, wenn Dinge aus der Hand fallen, stolpern sollten uns schon dran denken lassen, insbesondere wenn das relativ akut auftritt. Das muss man noch dazu sagen. Mal ein bisschen ein Kribbeln ist immer so schwierig dann zu differenzieren, aber wenn was relativ akut auftritt, was man vorher noch nicht hatte, dann sollte man daran denken.

Auch Kopfschmerzen können Erstsymptom einer Multiplen Sklerose sein, sowohl so migräneartige Kopfschmerzen, als auch chronische Spannungskopfschmerzen haben inzwischen als Symptom einen klaren Stellenwert. Also wir finden manchmal im Rahmen von MRTs bei Kopfschmerzen schon auch so typische Veränderungen, die wir als radiologisch isoliertes Syndrom bezeichnen und die in den meisten Fällen auch irgendwann mal zu einer klinischen Störung führen, ja? Liegt so bei 80, 90 Prozent. Nicht alle.

Mario D. Richardt: Gibt es denn Symptome, die sich immer zeigen?

Gibt es Symptome, die sich immer zeigen?

Dr. Petra Kalischewski: Das würde ich nicht unterschreiben. Also sehr häufig sind Sehstörungen, aber nicht alle haben Sehstörungen. Sehr häufig sind Gangstörungen, aber nicht alle haben Gangstörungen. Sehr häufig sind Sensibilitätsstörungen, aber wenn man es jetzt mal so runterbricht, was alle haben, das also sodass man sagt, okay das ist, da, bei dem Symptom müssen Sie immer an die MS denken, das würde mir jetzt so nicht so spontan einfallen. Was die Leute sehr häufig haben, ist so eine unbändige Erschöpfung manchmal, aber das ist auch, haben auch nicht alle. Also das ist, es gibt kein, das Symptom.

Mario D. Richardt: Und es ist sogar so, dass bei einem Drittel die Erkrankung relativ symptomarm verläuft.

Dr. Petra Kalischewski: Ja, Gott sei Dank.

Mario D. Richardt: Ja, wovon hängt es ab?

Dr. Petra Kalischewski: Das ist auch völlig unklar. Das weiß man vorher nicht. Es gibt eben die MS per se, die teilt sich in die schubförmige MS, im Verlauf in die schubförmige progrediente Verlaufsform oder ein völlig wahrscheinlich eigenständig zu betrachtendes Krankheitsbild, die primär progrediente MS und bei den schubförmigen ist immer eine Entzündung auch offensichtlich, während bei der primär progredienten MS wahrscheinlich die Entzündung auch eine Rolle spielt, aber für uns nicht so ganz offensichtlich ist. Also die häufigste Verlaufsform ist die schubförmig remittierende Multiple Sklerose, also die, Sie haben quasi eine Sehstörung, Sie kommen zum Arzt, Sie bekommen Kortison und mit mehr oder weniger guter Geschwindigkeit geht das Ganze wieder zurück und es bleibt vielleicht noch ein kleiner Rest oder es ist also wieder gut. Das ist so der normale Verlauf. So und dann kann es, dann läuft die ganze Diagnostik, Kernspintomographie, Lumbalpunktion, evozierte potentiale klinisch neurologische Untersuchung, Beratung und so weiter, das ist dann alles abgeschlossen und dann kann man anhand von Kernspintomographie Symptom und ersten Verläufen schon abschätzen, ist es eine aktive MS, eine hochaktive MS oder ein sogenannter blander Verlauf. Das muss man so in den ersten zwei Jahren, denke ich, erkennen.

Mario D. Richardt: So lange dauert das? Okay.

Dr. Petra Kalischewski: Na ja, manchmal schon eher, also die hochaktiven, die haben Sie, sehen Sie halt schon ganz zeitig, aber die nicht so ganz hochaktiven muss man wirklich genau beachten und das muss man dann auch im Rahmen der medikamentösen Einstellung dann bewerten, wie verläuft sich das, der klinische Verlauf? Wie verläuft das Kernspin im zeitlichen Versatz und dann kann man entscheiden, ist das eine hochaktive Form oder ist das eher eine, wo man entspannt durch die Welt laufen darf?

Mario D. Richardt: Und wenn Sie jetzt sagen, das mit dem Schub, diese schubförmige MS ist die häufigste, wie muss man sich das vorstellen? Dass man dann sozusagen heftige Symptome hat, dann bekommt man, haben Sie ja schon angedeutet, ja meist Kortison, dann klingt das vielleicht nach zwei, drei Wochen ab und wie lang hat man dann zwischendurch Zeit, dass es ja, symptomfrei ist oder ja, nicht so stark?

Dr. Petra Kalischewski: Also es kommt sicherlich mehr oder weniger über Nacht und es kommt scheibchenweise. Es ist kein Schlaganfall, der plötzlich da ist und dann muss man halt die Beine in die Hand nehmen, das kommt so, es meldet sich an, ja? Und dann haben Sie halt zum Beispiel auch nicht nur eine Sehstörung, sondern auch eine Trigeminusneuralgie, muss man auch immer dran denken bei jungen Leuten, dass das auch mal ein Symptom der MS sein kann und dann ist das mal da und mal nicht da und man geht dem also nach und dann wird, läuft die entsprechende Behandlung und jeder hat eine unterschiedliche Verlaufsform, auch der Rückbildung der Symptome.

Bei manchen geht es relativ flott, auch unter Kortison, wir gehen mal davon aus, dass alle zeitig kommen, dass zeitig auch injiziert werden kann, bei manchen dauert es deutlich länger, dann muss man noch mal eine zweite Kortisonbehandlung drauf geben oder vielleicht sogar, wenn es ganz schwierig wird und man überhaupt den Fuß nicht in die Tür kriegt mit Rückbildung oder Krankheitsaktivität auch eine Blutwäsche überdenken.

Wie lange dauert das, bis das wieder richtig gut ist? Also es ist eben gerade davon, wie schwer ist der Schub? Welche Symptome hat man? Und wie ist man selber mit seinem Körper in der Lage, Reparaturmechanismen zu aktivieren, um eben diese Symptome wieder rückgängig zu machen? Manchmal ist eine Rehabilitationsbehandlung sehr sinnvoll, insbesondere am Anfang halte ich das für extrem notwendig, dass man eine Rehabilitationsmaßnahme durchführt. Möglichst auch in einer Einrichtung, die sich eben so ein bisschen auch auf Multiple Sklerose spezialisiert hat, weil einfach dann sich auch Patienten untereinander dort treffen können, Erfahrungen austauschen können und auch die ganzen Therapeuten einfach wissen, womit sie es zu tun haben und sich ganz anders auf Patienten auch einlassen.

Mario D. Richardt: Bis zum Schub, bis zum nächsten Schub kann der Zeitraum auch sehr lang definiert sein, also teilweise bis zu mehreren Monaten oder bis zu einem Jahr vielleicht?

Dr. Petra Kalischewski: Also das erklärte Ziel, ist, die Leute schubfrei zu kriegen, ne? Und das ist eben gerade der Unterschied zwischen einer sehr hochaktiven MS, die vielleicht alle viertel Jahre kommen, mit Krankheitssymptomen oder mit Patienten, die mit einer, sagen wir mal, gut verträglichen Medikation über Jahre ohne Therapien, ohne Schübe stabil laufen.

Mario D. Richardt: Also durchaus positiv?

Dr. Petra Kalischewski: Ja, das gibt es aber sehr häufig.

Mario D. Richardt: Aber wenn man jetzt eine Phase hat, in der der Schub gerade nicht aktiv ist, fühlt man sich da fast so ein bisschen wie vor der Diagnose?

Dr. Petra Kalischewski: Ja, das ist auch ganz wichtig, also dass man nicht ständig an diese Erkrankung erinnert wird, also jetzt zitiere ich mal Patienten, die sich mit einer Substanz aller Woche, aller 14 Tage eben spritzen, die sagen und ansonsten denke ich nicht dran. Ich denke dran, wenn ich die Spritze habe und ansonsten lebe ich mein Leben. Das ist klug, wenn man einfach am Anfang mal darüber nachgedacht hat, dass man am Anfang mal reflektiert, wie ist mein Leben gerade aufgestellt und was kann ich für mich ändern? Wenn das irgendwann mal bearbeitet wird, auch im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme oder vielleicht auch im Rahmen einer Psychotherapie, dann ist das sicher eine kluge Geschichte, dass man zwischendurch nicht an die MS denkt.

Mario D. Richardt: Kann man sich denn irgendwie vor der Erkrankung schützen? Gibt es irgendwelche präventiven Maßnahmen?

Dr. Petra Kalischewski: Oh, das ist jetzt ein heißes Eisen, was wir anfassen. Wir begeben uns mal in eine Reise in unseren Körper, in unseren Darm, wo wir eine sehr intensive Nähe zwischen Ernährung, Immunsystem haben und wir eine wirklich ziemlich große Datenautobahn aus dem Darm, Magen-Darm-Bereich bis in den Kopf über den Nervus Vagus kennen. Ich halte die Ernährung für einen ganz wichtigen Trigger für die  Multiple Sklerose, es ist meine persönliche Meinung, das ist sicherlich nicht wissenschaftlich bewiesen, aber ich halte den Zuckerkonsum für gefährlich, den wir alle tätigen. Sicherlich auch die gemüsearme Ernährung und dieses Fast Food Ernährung halte ich für nicht günstig. Für gesundheitsschädlich und damit möglicherweise auch für eine Entwicklung einer Autoimmunerkrankung förderlich.

Mario D. Richardt: Das ist im Prinzip fast eine Generalempfehlung, denn wenn man sich wirklich gesund ernährt und Zucker auch weglässt, ist man ja fast auch vor vielen Krankheiten geschützt. Das geht ja auch um die kardiovaskulären Krankheiten und wenn ich an Diabetes denke, geht es ja schon weiter.

Dr. Petra Kalischewski: Das ist sicherlich so, dass wir sicher alle unsere eigene Genetik mitbringen und der eine kriegt das und der andere das, das ist sicher das eine, aber wir sollten im Darm schon noch mal genau gucken, dass es eben doch eine sehr intensive Nähe zwischen dem, was wir aufnehmen und dem Immunsystem vorhanden ist und das sicherlich einige Trigger hier so ein schwelender Trigger da zu Störungen führen. Ich halte auch das, den Salzkonsum für bedenklich und es gibt auch jetzt schon Empfehlungen, dass man über Heilfasten auch Reinigungsmechanismen triggern kann und in diesem Zusammenhang auch entzündungshemmend, anti degenerativ sich behandelt quasi.

Mario D. Richardt: Klingt absolut einleuchtend. Man kann ja auch selbst auf sich und seinen Körper und auf seine Gesundheit achten, um viele Sachen auch vielleicht von vorneherein dann auszuschließen. Jetzt kommt ein Patient zu Ihnen, eine Patientin, hatte Symptome, die Diagnostik haben Sie auch schon so ein bisschen angedeutet, wie das Ganze dann weitergeht. Wahrscheinlich also MRT, Blutbild natürlich auch, wie geht es weiter?

Dr. Petra Kalischewski: Also die Patienten kommen zur klinischen Untersuchung und sie bekommen schon die ersten elektrophysiologische Untersuchungen, je nach Symptom, dann gibt es ein relativ schnelles Kernspintomogramm vom Kopf, manchmal auch die Wirbelsäule mit dabei, je nachdem wo das Symptom halt auch vorhanden ist und danach wird eine Lumbalpunktion durchgeführt, die quasi das Hirnwasser auf Entzündungsparameter checkt und dann, in dem Zusammenhang werden natürlich auch verschiedene Viren gecheckt, so auch das Epstein-Barr-Virus, aber eben auch die Rötelnviren, die Gürtelroseviren und auch die Mumpsviren werden auch mit untersucht.

Gesucht wird auch im Hirnwasser nach den sogenannten oligoklonale Banden, das sind also entzündliche Zeichen, die sehr, sehr spezifisch für die Multiple Sklerose sind, aber bei manchen anderen Erkrankungen auch auftreten können und gesucht wird auch differenzialdiagnostisch, wo beispielsweise in einer Borreliose oder auch eine Rheumaerkrankung, die ins Gehirn gehen kann, differenzialdiagnostisch abgeklärt werden muss, deswegen bestimmt man ein sogenanntes Reiber-Schema, wo man Immunglobuline gegen das Blut aufrechnet und dann guckt, wo sind diese Veränderungen und wenn ja, worauf weisen die hin?

Mario D. Richardt: Wenn die Patienten dann von Ihnen die Diagnose bekommen, das ist ja auch eine Schockdiagnose, wie können Sie die denn auffangen?

Wie werden Patienten auf die Schockdiagnose vorbereitet?

Mario D. Richardt: Es gibt dann also diesen QR-Code auf Papier, kann meine Oma den trotzdem nehmen, geht zur Apotheke und die Apotheke kümmert sich dann oder schickt‘s zu euch?

Wie werden Patienten auf die Schockdiagnose vorbereitet?

Dr. Petra Kalischewski: Na ja, das bereitet man ein bisschen vor, ne? Die kommen ja dann, doch die kommen zur Befundbesprechung vom MRT, zur Vorbereitung der Lumbalpunktion, da hat man die schon wenigstens dreimal gesehen, dann muss man das natürlich schon mal ansprechen, ja?

Dass es um Differenzialdiagnose einer Multiple Sklerose geht, dass, dann sind, erlebe ich häufig, dass die Patienten nicht geschockt, sondern erleichtert sind, dass sie nicht spinnen und dass sie auch wahrgenommen und ernst genommen werden, dass und dann läuft das erst mal, bis die Diagnose bestätigt wird. Manchmal hat man auch keinen Nachweis von diesen sogenannten oligoklonalen Banden und trotzdem sieht alles klassisch aus, wie eine Multiple Sklerose, da muss man dann auch ein bisschen, ich sage mal, zaubern, um die Patienten auch bei der Stange zu halten, aber letztendlich ist es nicht mehr so eine Schockdiagnose, wie vor 30 Jahren.

Mario D. Richardt: Und es ist ja auch kein Todesurteil, muss man auch ganz klar sagen.

Dr. Petra Kalischewski: Keinesfalls, also das, also ich will mal kurz eine Geschichte erzählen, ich komme ja aus einem Arzthaushalt, meine Mutter sagt, stell Dir vor, X hat eine MS diagnostiziert und dann sage ich na und, das ist also, vor 50 Jahren war das für die Kollegen damals wirklich schwierig, die Patienten aufzufangen und auch ordentlich zu behandeln und wir haben heute so ein großes Spektrum an therapeutischen Maßnahmen, sodass wir das jetzt eher so als, ich will nicht sagen Alltagsdiagnose, weil es nur bei mir sehr häufig ist, aber doch als Diagnose nehmen, wo man was tun kann. Wo man sich selber aktivieren kann, was zu tun und wo man auch was tun kann.

Mario D. Richardt: Na dann sprechen wir jetzt mal über Ihr Spektrum der Therapiemöglichkeiten.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Dr. Petra Kalischewski: Ja, wenn jemand mit Symptomen kommt, die einfach auf einen Schub hinweisen, muss man überlegen, ist es wirklich ein kortisonpflichtiger, also Schub, also muss man ihm jetzt eine Infusion geben oder ist es noch so, dass einfach eine körperliche Ruhe ausreicht? Das ist immer so die Frage, wann reicht der Feuerlöscher, wann brauche ich eine Feuerwehr? So muss man sich das vorstellen.

Die Patienten sind mit unter beruhigter doch schnell eine, sich einer Therapie zuführen zu lassen, also schnell Kortisonbehandlung zu bekommen, manche vertrage das nicht so gut und sind eher dankbar, wenn man sagt okay, wir machen mal jetzt eine Woche Pause, wir gucken mal und wir sehen uns nächste Woche wieder, wie sich das entwickelt hat. Das kann man mal, von Mal zu Mal muss man das wirklich individuell entscheiden. Als ich anfing zu arbeiten in den 90ern, wurden die Patienten prinzipiell alle stationär aufgenommen für eine Schubbehandlung.

Das würde ein Krankenhaus heutzutage gar nicht mehr schaffen, sodass wir das als Infusionspraxis natürlich auch ambulant anbieten. Ich halte nichts davon, die Patienten weiter arbeiten zu lassen, ich halte es für dringlich während der Kortisontherapie mit hochdosierten Methylprednisolon die Patienten als arbeitsunfähig zu beurteilen, um sie auch aus dieser Struktur erst mal rauszunehmen, in der sie gerade wahrscheinlich auch den Schub sich selbst entwickelt haben, die Entzündung halt sie wieder getriggert haben.

Und dann kommen relativ häufige Vorstellungen, verschiedene Behandlungen, Physiotherapie, Ergotherapie und so weiter, Rehabilitationsmaßnahmen, je nachdem wie die Rückbildung ist und wieder die Eingliederung ins Arbeitsleben, je nach Intensität des Schubes. Bei Sehstörungen muss man darauf hinweisen, dass die Patienten gefahrentauglich sind, das halte ich für ganz wichtig zu sagen, auch bei Doppelbildern und auch bei Gesichtsfeldausfällen, so an der Seite besteht eine 100-prozentige Gefahruntauglichkeit.

Dann hat man sich wieder ein bisschen beruhigt, dann muss man darüber nachdenken welche Therapien, medikamentöse Therapien man einleitet, das hängt tatsächlich davon ab, wie schwer war der Schub? Wie sieht das MRT aus? Ist das Rückenmark befallen? Wie sind die evozierten Potentiale? Wie geht es dem Patienten? Wie stark ist seine körperliche Erschöpfung, also die Fatigue? Es gibt jetzt inzwischen die dritte oder vierte Leitlinie, das hat sich alles immer so ein bisschen bewandelt. Aktuell ist es tatsächlich so, dass wir wieder mit einer moderaten Therapie anfangen, so wie es eben das MRT uns das auch erzählt und der klinische Verlauf, aber wir haben auch die Möglichkeit im individuellen Entscheidungskanal zu sehen, dass wir doch bei hochaktiven Verläufen, also viele MS-Herde, Kontrastmittelaufnahme, schwere körperliche Symptome, Lähmung, Gangstörungen und so weiter, zeitig mit einer sogenannten hochwirksamen medikamentösen Therapie einzusteigen.

Das, früher hieß das, war das die Eskalationstherapie, während wir, die wir von der Basismedikation unterschieden haben, heute sagt man Kategorie 1 bis 3, das wechselt immer mal, je nach Leitlinie und Empfehlung. Wir haben jetzt auch mit der aktuellen Leitlinie die Chance, die Patienten langfristig zu beobachten und zu gucken, ob wir das ein oder andere vielleicht sogar auch wieder absetzen können oder aber auch den ein oder anderen mit einem ganz blanden Verlauf, mit einer guten Kontrolle auch mal, erst mal nicht medikamentös sofort einzustellen. Das überlege ich mir sehr gut, das zu empfehlen, aber wenn, es ist zumindest in der Leitlinie verankert, das auch zu tun, zu dürfen.

Es ist aber eher die Ausnahme. Also den Kategorie 1 Medikamenten, früher Basismedikation haben wir die Interferone, die sind schon sehr alt, damit haben wir ganz viel Erfahrungen, kommen so aus Mitte der 90er und haben letztendlich überhaupt eingeleitet, dass man sich intensiver mit der Multiplen Sklerose beschäftigt. Wir haben, diese Interferone sind halt wirksam, aber decken nicht die höher aktiven und hochaktiven Verlaufsformen ab. Dafür haben wir verschiedene Formen der Therapie, da, die also entweder so in Richtung milde Chemotherapie laufen, die verschiedene Antikörper geben, wo wir Immunzellen blockieren oder sogar vernichten oder eben verhindern, dass bestimmte Zellen ins Gehirn gehen oder aber andere Zellen überhaupt im Körper zirkulieren. Also die sogenannten Migrationshemmer.

Das ist so das, was wir im Moment auf dem Markt haben und das muss man ein bisschen individuell gucken, was man dann so gibt. Das ist wirklich Gegenstand von intensiven Gesprächen und Auseinandersetzungen seitens des Arztes und seitens des Patienten. Nimmt man sich die Zeit vorher, wird es gut.

Mario D. Richardt: Die Medikamente sind das eine, aber dann gibt es natürlich auch, sage ich mal, ein richtiges Behandlungsteam wahrscheinlich dann, je nachdem, wo die Beschwerden am häufigsten sind, also eben auch die Physiotherapie, Augenarzt später mit rein, der Urologe, je nachdem oder wie muss man sich das vorstellen?

Dr. Petra Kalischewski: Ja, also prinzipiell, einen Augenarzt braucht man oft, auch zur Therapiebegleitung, weil bestimmte Therapien eine augenärztliche Kontrolle erfordern, aber eben auch, weil wir häufig Augensymptome auch als Erstsymptom oder als Verlaufssymptom haben. Da auch Blasenentleerungsstörungen unterschiedlicher Art eine Rolle spielen, sind die Urologen auch ein wichtiger Partner, die sich dann sowohl auch medikamentös, als auch beratend in die Therapien mit einordnen.

Nicht ganz am Anfang, aber ziemlich zeitig schon im frühen Verlauf. Die Urologen sind wichtig für auch die Beratung und Begleitung bei Potenzstörungen aller Art, die einfach auch angesprochen werden müssen und auch begleitet werden müssen. Das sind so die wichtigen ärztlichen Partner, neben natürlich auch einer sehr guten klinischen, also guten Klinik, die im Vertrauen für den Patienten dann auch zur Seite steht, wenn man mal eine Blutwäsche braucht und die auch in der Regel Spezialambulanten anbieten für die komplizierten Verläufe, die man eben dann doch nicht in der Ambulanz klären kann und für Komplikationen unter Therapien man schnell einen Ansprechpartner darstellen. Dann brauchen wir einen guten Radiologen, der sich auch mit der Multiplen Sklerose auseinandersetzt, der die Therapien im Grundansatz kennt und weiß, worauf er zu achten hat, wenn der Patient das ein oder andere Medikament bekommt.

Das ist so das Grundteam der ärztlichen Versorgung. Dann gibt es ja noch die Heilberufe und dann brauchen wir dringend einen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, gelegentlich auch mal bei Schluckstörungen den Logopäden und gut ist auch immer noch dann einen Sporttherapeuten, wenn dann Rehasport und so was ansteht. Patienten, die eine psychologische Betreuung benötigen, einfach, weil sie das für sich erkennen, dass Lebensumstände anders nicht anzufassen sind, außer durch eine fremde Hilfe, ist auch ein Psychologe sinnvoll. Deswegen empfehle ich auch am Anfang eine Rehabilitationsmaßnahme, am besten in einem geschützten Raum, also am besten außerhalb des häuslichen Umfeldes, um das auch zu erkennen und dann eben auch einleiten zu können.

Mario D. Richardt: Muss man denn befürchten, mit der Diagnose MS früher oder später zwangsläufig auch im Rollstuhl zu landen?

Dr. Petra Kalischewski: Nein, nein, gar nicht, überhaupt nicht. Zumindest nicht in den letzten 10 Jahren, mit den neuen Therapien versuchen wir alles, um eben den Krankheitsprogress, wie wir das nennen, aufzuhalten. Es ist immer auch eine individuelle Verlaufsform, also, aber man muss es nicht von vorneherein davon ausgehen, dass man mal im Rollstuhl landet, nein, keinesfalls.

Mario D. Richardt: Wie sehr hat denn aber Multiple Sklerose heutzutage noch Einfluss auf die Lebenserwartung?

Wie sehr hat Multiple Sklerose heutzutage noch Einfluss auf die Lebenserwartung?

Dr. Petra Kalischewski: Also vor 15 Jahren hätte ich gesagt schon, es ist also auch viele, die eben in den Rollstuhl und dann in die Bettlägerigkeit gerutscht sind, dann auch zeitiger gestorben sind. Im Moment würde ich meinen, dass mit den Therapien so, wenn wir die wirklich korrekt anwenden, Komplikationen zeitig finden, diese auch effizient anfassen, dass die Lebenserwartung nicht wesentlich niedriger ist als zur Bevölkerung oder fast gleichzusetzen ist.

Mario D. Richardt: Das klingt gut und an dieser Stelle möchte ich noch auf ein sehr positives Beispiel eingehen und eine echte Mutmacherin vorstellen, es geht um eine junge Frau, die bereits vor Jahren erkrankt ist und die mit der Krankheit lebt und eine schwere oder schwere Phasen hatte, Multiple Sklerose hat quasi ihr Leben aus der Bahn geworfen, sie saß dann auch im Rollstuhl, hat aber nicht aufgegeben und geht mittlerweile sogar wieder tanzen, sie geht Skifahren, fährt mit ihrem Sohn in den Urlaub und hat neuen Lebensmut und viele Pläne geschmiedet und daran haben Sie übrigens auch, Frau Dr. Kalischewski auch einen ganz großen Anteil, denn es ist auch ihre Patientin, die Frau heißt Maren und hätten Sie denn gedacht, dass das so eine gute Wendung bei Maren nehmen könnte?

Dr. Petra Kalischewski: Ehrlich gesagt, nein.

Mario D. Richardt: Ehrliche Antwort. Aber sie hat es trotzdem geschafft und das ist das wirklich positive.

Dr. Petra Kalischewski: Ja, aber der Kampf war hart und fest und entschlossen.

Mario D. Richardt: Und wenn Sie Maren gerne und ihre unglaubliche positive Geschichte kennenlernen möchten, können sie das gern tun, und zwar bei meiner Kollegin Anja Petzold und ihrem Podcast bunt wie das Leben, dort ist Maren zu Gast und erzählt ausführlich über ihr Leben mit Multipler Sklerose, die Folge ist ab heute online, den Link dazu finden Sie auch noch mal in den Shownotes. Dann danke ich Ihnen, Frau Dr.  Kalischewski.

Dr. Petra Kalischewski: Ich danke auch. Vielen Dank.

Mario D. Richardt: Ihnen alles Gute, vielen Dank fürs Zuhören. Am kommenden Mittwoch geht es dann mit Dr. Alice Martin um das Thema Cellulite. Alle bisherigen Folgen finden  Sie auf kernig-und-gesund.de und überall dort, wo es gute Podcasts gibt. Bis zum nächsten Mal, tschüss.